Gem. §§ 543 Abs.1 S.1, Abs.2 S.1 Nr.3, 569 Abs.3 Nr.1 BGB kann der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen, wenn der Mieter mit der Entrichtung der Miete oder eines Teils der Miete innerhalb eines bestimmten Zeitraumes in einer bestimmten Höhe in Verzug ist. Der Mieter hat gem. § 569 Abs.3 Nr.2 BGB allerdings die Möglichkeit, die bereits ausgesprochene Kündigung dadurch unwirksam werden zu lassen, dass er die rückständige Miete innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vollständig zahlt oder sich eine öffentliche Stelle hierzu verpflichtet. Einigkeit bestand bisher stets darüber, dass der Mieter nicht nur die rückständige Grundmiete, die sog. Nettokaltmiete, sondern auch rückständige Betriebskostenvorauszahlungen nachzahlen muss, um die Kündigung unwirksam werden zu lassen.
Der Fall:
Das LG Berlin hatte nun über einen Fall zu entscheiden, in dem das Jobcenter für den Mieter zwar sowohl die rückständige Nettokaltmiete als auch rückständige Betriebskostenvorauszahlungen, nicht aber eine auf Grund einer Jahresabrechnung fällig gewordene Betriebskostennachforderung beglichen hatte. Der Vermieter, der seine fristlose Kündigung ausdrücklich auch auf den Verzug mit der Zahlung dieser Betriebskostennachforderung gestützt hatte, war der Ansicht, seine Kündigung sei durch die Nachzahlungen des Jobcenters nicht unwirksam geworden, weil eine vollständige Befriedigung i. S. d. § 569 Abs.3 Nr.2 BGB erfordere, dass auch etwaige Betriebskostennachforderungen beglichen würden. Der Mieter hingegen vertrat die Meinung, dies sei nicht erforderlich. Es reiche vielmehr aus, dass die Nettokaltmiete zzgl. der rückständigen Betriebskostenvorauszahlungen gezahlt seien.
Die Entscheidung:
Das LG Berlin gab dem Mieter Recht und führte zur Begründung aus, unter dem in § 569 Abs.3 Nr.2 BGB verwendeten Begriff der „Miete“ sei nur die Grundmiete zuzüglich der Nebenkostenvorauszahlung zu verstehen, und stütze sich dabei auf ein Urteil des BGH vom 23. 07. 2008 – XII ZR 134/06-, in dem dieser den in § 543 Abs.2 S.1 Nr.3 BGB verwendeten Begriff der „Miete“ entsprechend definiert hatte. Die offene Betriebskostennachforderung spiele – so das LG Berlin – für die Heilung der Kündigung selbst dann keine Rolle, wenn der Vermieter – wie im vorliegenden Fall – die fristlose Kündigung ausdrücklich auch hierauf gestützt habe.
Fazit und Einordnung:
Das Urteil schafft Klarheit, unter welchen Voraussetzungen die Schonfristzahlung gem. § 569 Abs.3 Nr.2 BGB als vollständig anzusehen ist. Trotz dieser mieterfreundlichen Entscheidung sollten sich Mieter jedoch nicht in Sicherheit wiegen, dass die Nachzahlung der Nettokaltmiete zzgl. offener Betriebskostenvorauszahlungen sie stets vor einer wirksamen Kündigung schützt. Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. das Urteil vom 13.01.2021 – VIII ZR 91/20) hat nämlich ein innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs.3 Nr. 2 S. 1 BGB erfolgter Ausgleich des Mietrückstands bzw. eine entsprechende Verpflichtung einer öffentlichen Stelle nicht zwangsläufig auch zur Folge, dass auch eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs.1 BGB i. V. m § 573 Abs.2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung unwirksam wird.
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