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Verjährung des Auskunftsanspruchs zur Mietpreisbremse beginnt erst mit Mieteranfrage (BGH, Urteile vom 12.07.2023 – VIII ZR 375/21, VIII ZR 8/22, VIII ZR 60/22 und VIII ZR 125/22)

Die ab Juni 2015 geltende Mietpreisbremse schützt Mieter in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten vor zu hohen Mieten und setzt dem Vermieter in der Weise Grenzen bei der Vereinbarung der Miethöhe, dass die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als 10 % überschreiten darf. Wurde unter Verstoß gegen die Mietpreisbremse eine zu hohe Miete vereinbart, steht dem Mieter ein Rückzahlungsanspruch in Höhe desjenigen Betrages zu, um den die vereinbarte Miete die zulässige Höhe übersteigt. Die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete kann der Mieter oft an Hand des einschlägigen Mietspiegels selbst ermitteln. Es gibt aber auch Fälle, in denen dies nicht so einfach möglich ist oder die ortsübliche Vergleichsmiete in zulässiger Weise überschritten werden darf. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn mit dem Vormieter eine höhere Miete in zulässiger Weise vereinbart wurde oder der Vermieter in den letzten drei Jahren vor dem Beginn des Mietverhältnisses bestimmte Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt hat. Da der Mieter insbesondere in diesen Fällen in der Regel nicht über die nötigen Informationen verfügt, die er benötigt, um die Höhe der zulässigen Miete zu ermitteln und zu prüfen, ob ihm ein Rückforderungsanspruch zusteht, verleiht ihm das Gesetz in § 556g Abs.3 BGB einen Auskunftsanspruch gegen den Vermieter. Gem. § 556g Abs.3 S.1 BGB ist der Vermieter auf Verlangen des Mieters verpflichtet, Auskunft über diejenigen Tatsachen zu erteilen, die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete nach den Vorschriften der §§ 556d -556g BGB maßgeblich sind, soweit diese Tatsachen nicht allgemein zugänglich sind und der Vermieter hierüber unschwer Auskunft geben kann. Dieser Auskunftsanspruch entsteht bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages.

Verjährungsbeginn war streitig

Der Auskunftsanspruch des Mieters über die Tatsachen, die für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmietemaßgeblich sind, ist nicht beliebig lange durchsetzbar, sondern verjährt – ebenso wie der Anspruch auf Rückzahlung der nicht geschuldeten Miete. Dass sich die Länge der Verjährungsfrist aus § 195 BGB ergibt und drei Jahre beträgt, war bereits geklärt. Der BGH hatte nun aber in vier getrennten Verfahren darüber zu entscheiden, wann die dreijährige Verjährungsfrist zu laufen beginnt. In den vier Verfahren hatten die Mieter von ihren Vermietern (zum Teil deutlich) mehr als drei Jahre nach den Abschlüssen der Mietverträge erstmals die Auskunft über Umstände verlangt, die für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bedeutsam waren. Die Vermieter erhoben die Einrede der Verjährung und beriefen sich auf § 199 Abs.1 BGB, wonach die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

BGH schafft Klarheit über den Verjährungsbeginn – Zeitpunkt des erstmaligen Auskunftsverlangens ist maßgeblich

Der BGH sah die Mieter im Recht und verneinte die Verjährung der Auskunftsansprüche. Zur Begründung führten die Karlsruher Richter aus, die Verjährungsfrist für den Auskunftsanspruch des Mieters gem. § 556g Abs.3 BGB beginne abweichend von § 199 Abs.1 BGB nicht bereits mit dessen Entstehung im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses, sondern (erst) mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Es handele sich bei dem Auskunftsanspruch zwar um einen sog. Hilfsanspruch zu dem auf Rückzahlung der nicht geschuldeten Miete gerichteten Hauptanspruch des Mieters. Der Auskunftsanspruch könne aber dennoch unabhängig von dem Rückzahlungsanspruch des Mieters aus § 556g Abs.1 S. 3 BGB, und damit sogar zeitlich vor diesem verjähren. Dies ergäbe sich – so der BGH – daraus, dass es sich bei dem Auskunftsanspruch um einen sog. verhaltenen Anspruch handele. Kennzeichnend für einen verhaltenen Anspruch sei, dass der Gläubiger die Leistung jederzeit verlangen könne, der Schuldner die Leistung jedoch nicht von sich aus erbringen müsse bzw. nicht leisten dürfe, bevor sie der Gläubiger verlange.

Nach diesem Maßstab sei der Auskunftsanspruch des Mieters gem. § 556g Abs.3 BGB als verhaltener Anspruch einzuordnen Der Gesetzgeber habe die mit dem Abschluss des Mietvertrags entstandene Verpflichtung des Vermieters zur Auskunftserteilung von einem vorherigen Auskunftsverlangen des Mieters abhängig gemacht. Diese Einordnung ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung, nach dem der Vermieter (erst) „auf Verlangen des Mieters“ zur Auskunftserteilung verpflichtet sei. Auch Sinn und Zweck des Auskunftsanspruchs sprächen – so der BGH – dafür, dass der Mieter die Auskunft jederzeit verlangen könne, der Vermieter diese jedoch nicht von sich aus erteilen müsse. Denn die Erteilung von Auskünften gem. § 556g Abs.3 BGB diene in erster Linie den Interessen des Mieters. Der Gesetzgeber habe dem Mieter mit dem Auskunftsanspruch ein Hilfsmittel zur Verfügung stellen wollen, damit dieser sich bei seinem Vermieter nach Vertragsabschluss die für eine Prüfung der vereinbarten Miethöhe erforderlichen Informationen bei Bedarf zu beschaffen vermöge. Der Gesetzgeber sei – so der BGH – davon ausgegangen, dass sich ein Mietinteressent die für die eigene Prüfung der Miethöhe benötigten Tatsachen bei angespannten Wohnungsmärkten nicht im Vorfeld des Mietvertragsschlusses durch Nachfrage bei dem anbietenden Vermieter beschaffen könne, ohne zugleich seine Stellung als möglicher Vertragspartner des Vermieters zu gefährden. Dieses durch seine strukturelle Unterlegenheit bedingte Informationsdefizit des Mieters solle ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses über den gesetzlichen Auskunftsanspruch des Mieters ausgeglichen werden.

Fazit

Der BGH hat erneut die Rechte der Mieter gestärkt und mit seiner Entscheidung sichergestellt, dass der Auskunftsanspruch des Mieters noch drei Jahre nach dem erstmaligen Auskunftsverlangen geltend gemacht werden kann. Mieter sollten sich jedoch nicht in Sicherheit wiegen und nicht dem Irrglauben unterliegen, sich unbegrenzt Zeit lassen zu können. Letztendlich dient der Auskunftsanspruch dem Mieter allein dazu, feststellen zu können, ob und – wenn ja – in welcher Höhe ihm gegen den Vermieter ein Anspruch auf Rückzahlung der nicht geschuldeten Miete gem. § 556g Abs.1 S.3 BGB zusteht. Gem. § 556g Abs.2 BGB kann der Mieter von dem Vermieter eine gegen die Mietpreisbremse verstoßende, nicht geschuldete Miete allerdings nur zurückverlangen, wenn er einen Verstoß spätestens 30 Monate nach Beginn des Mietverhältnisses gerügt hat. Rügt er den Verstoß nach Ablauf der 30 Monate oder war das Mietverhältnis bei Zugang der Rüge bereits beendet, kann er nur die nach Zugang der Rüge fällig gewordene Miete zurückverlangen. Der Mieter sollte daher vor Ablauf dieser Rügefrist auch seinen Auskunftsanspruch geltend machen, sofern er Auskünfte des Vermieters benötigt, um Bestehen und Höhe des Rückzahlungsanspruchs ermitteln zu können.

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