Sind an einem Mietverhältnis auf der Mieterseite mehrere Personen als Hauptmieter beteiligt, kann das Mietverhältnis von Seiten der Mieter durch eine Kündigung nur insgesamt beendet werden, indem alle Mieter die Kündigung erklären. Möchte nur einer oder möchten einzelne von mehreren Mietern aus dem Mietverhältnis ausscheiden, während das Mietverhältnis mit den übrigen Mietern bzw. dem übrigen Mieter fortbesteht, bedarf es einer dreiseitigen Vereinbarung, mit der sich der Vermieter, der ausscheidende Mieter und der bzw. die verbleibenden Mieter über das Ausscheiden des einen Mieters unter Fortbestand des Mietverhältnisses mit dem bzw. den übrigen einigen. Mieter haben gegen den Vermieter in der Regel keinen Anspruch darauf, dass dieser einer entsprechenden Vertragsänderung zustimmt. Wie von jeder Regel, gibt es jedoch auch von diesem Grundsatz Ausnahmen, über deren Eingreifen naturgemäß nicht selten Streit zwischen Vermietern und Mietern entsteht.
Der Fall – Mitglieder einer Wohngemeinschaft sollten ausgetauscht werden
Ein entsprechender Streit über das Bestehen eines Anspruches auf Zustimmung zum Mieterwechsel war auch in dem Fall entstanden, der dem Urteil des BGH vom 27. April 2022 zugrunde lag. In diesem Fall hatten sechs männliche Personen im Alter von 25 bis 34 eine aus sieben Zimmern bestehende Wohnung angemietet. Im vierten Jahr des Mietverhältnisses kam es durch eine Vereinbarung im Einvernehmen mit der Vermieterin zu einem Austausch der Mieter in der Weise, dass fünf der ursprünglichen sechs Mieter ausschieden und sechs andere in das Mietverhältnis eintraten. Kurz darauf wurde ebenfalls einvernehmlich mit der Vermieterin ein weiterer Austausch eines der kürzlich eingetreten Mieter gegen einen wiederum neuen Mieter vereinbart. Die Vereinbarungen wurden als Nachträge zum Mietvertrag dessen Bestandteil. Ca. zwei Jahre später bestand auf der Mieterseite der Wunsch, weitere vier Mieter auszutauschen. Die vier Personen, die nach dem Wunsch der Mieter in das Mietverhältnis eintreten sollten, wohnten bereits im Wege eines Untermietverhältnisses anstelle der vier Mieter, die aus dem Mietverhältnis ausscheiden wollten, in der Wohnung. Die Vermieterin verweigerte die von den Mietern erbetene Zustimmung zu dem Mieteraustausch, so dass die Mieter Klage auf Zustimmung erhoben. Während das in erster Instanz zuständige Amtsgericht der Klage stattgab, wurde das Urteil jedoch auf die Berufung des Vermieters hin wieder aufgehoben und die Klage vom Landgericht Berlin abgewiesen.
Die Entscheidung – Anspruch auf Zustimmung zum Mieteraustausch bestand nicht
Der BGH folgte der Ansicht des Landgerichts, es bestehe kein Zustimmungsanspruch, und wies die von den Mietern eingelegte Revision zurück. Der BGH betonte zunächst, dass die Wohnung nicht von einer Wohngemeinschaft in Form einer Außen-Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern von sechs einzelnen natürlichen Personen angemietet worden sei.
Für den geplanten Mieteraustausch bedürfe es daher einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den bisherigen Vertragsparteien und den neu hinzutretenden Personen. Da sowohl im ursprünglichen Mietvertrag als auch in den beiden Nachträgen eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien darüber fehle, ob den Mietern gegen den Vermieter ein Anspruch zum Mieteraustausch zustehen solle, müsse im Wege einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung der auf den Vertragsabschluss gerichteten Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) ermittelt werden, ob nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien den Mietern ein Anspruch gegen die Vermieterin auf Zustimmung zu einem künftigen Mieterwechsel zustehen solle.
Der BGH legt in seiner Entscheidung daher ausführlich dar, welche Grundsätze bei dieser Auslegung zu beachten sind.
Zunächst weist das Gericht darauf hin, dass das Gesetz ein Recht auf den Wechsel der Mieter auch im Fall einer Mietermehrheit nicht vorsieht. Den Bedürfnissen der Mieter nach Flexibilität sei von Gesetzes wegen durch die Möglichkeit zur Untervermietung nach § 553 Abs.1 BGB sowie durch die für Mieter kurze Kündigungsfrist des § 573 c Abs.1 BGB Rechnung getragen. Da eine Vereinbarung, die den Mietern einen Anspruch auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel gewährt, über die gesetzliche Regelung deutlich hinausgehe, bedürfe es konkreter Anhaltspunkte, um auf einen derartigen übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien schließen zu können. Aus dem Umstand, dass ein Mietvertrag mit mehreren, eine Wohngemeinschaft bildenden Mietern abgeschlossen wurde und dieser weder eine Bestimmung zu einem Mieterwechsel enthält noch einen solchen ausdrücklich ausschließt, könne dementsprechend nicht abgeleitet werden, dass die Parteien einen Anspruch auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel begründen wollten.
Zu berücksichtigen sei – so der BGH – außerdem, dass ein Recht auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel die Mieter im Vergleich zu der gesetzlichen Lage erheblich begünstige, für den Vermieter hingegen im Vergleich zur gesetzlichen Lage erhebliche Nachteile mit sich bringe. Auch deshalb könne nicht ohne Weiteres auf einen Willen des Vermieters geschlossen werden, ein Recht der Mieter auf Zustimmung zum Mieterwechsel zu begründen.
Nicht außer Acht gelassen werden dürfe ferner, dass es grundsätzlich den Mietern obliege, für eine ihren Interessen dienende Vertragsgestaltung Sorge zu tragen, die ihnen einen gesetzlich nicht vorgesehenen Mieterwechsel ermögliche. Derartige Gestaltungsmöglichkeiten, die einen Wechsel der in der Wohnung tatsächlich lebenden Personen ohne Zustimmung des Vermieters erlauben, gebe es nämlich. So könne einer der künftigen Mitbewohner als einziger (Haupt-) Mieter den Vertrag als Vertragspartner des Vermieters abschließen und seinerseits bei einer entsprechenden Untervermietungserlaubnis mit den jeweiligen Mitbewohnern Untermietverträge abschließen. Denkbar sei auch die Vermietung an eine von den Mietern gegründete (Außen-) GbR, bei der ein Wechsel der in der Wohnung lebenden Personen durch einen Gesellschafterwechsel ermöglicht werde.
Der BGH betont im weiteren Verlauf der Entscheidung, daraus, dass der Vermieterin mehrfach einem Mieterwechsel zugestimmt habe, könne in der Regel nicht abgeleitet werden, dass er deshalb auch mit künftigen Mieterwechseln einverstanden sein werde. Denn im Regelfall beziehe sich die jeweilige Zustimmung nur auf einen konkreten Mieterwechsel.
Der BGH führt in seiner Entscheidung schließlich aus, wann konkrete Anhaltspunkte, die demnach erforderlich seien, um einen Anspruch der Mieter auf Zustimmung zum Austausch eines Mitmieters annehmen zu können, vorlägen. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Vertragsparteien bei Vertragsabschluss übereinstimmend davon ausgingen, dass sich häufig und in kurzen Zeitabständen ein Bedarf für eine Änderung der Zusammensetzung der in der Wohnung lebenden Personen ergeben könne, weil die Mieter voraussichtlich aufgrund ihrer persönlichen Lebensumstände bereits bei Vertragsabschluss absehbar nur für einen kurzen Zeitraum an dem jeweiligen Ort leben würden und eine vertragliche Bindung über diesen Zeitraum hinaus nicht eingehen wollten. Dies könne insbesondere bei der Vermietung an Studenten der Fall sein. Voraussetzung sei allerdings, dass dem Vermieter diese Umstände vor Vertragsabschluss bekannt gewesen seien und er sich bewusst und ohne Vorbehalt in Kenntnis der voraussichtlich zu erwartenden Fluktuation zu einem Mietvertrag mit mehreren derartigen Mietern entscheide.
Die Auslegung, die der BGH an Hand dieser Grundsätze vornahm, führte im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Zustimmung zum Mieteraustausch nicht bestand. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien des Mietvertrags bei dessen Abschluss einen Anspruch der Mieter auf jederzeitigen Wechsel eines Mieters begründen wollten, lägen nicht vor. Allein die auch der Vermieterin bei Vertragsabschluss bekannte Tatsache, dass die Mieter sechs Männer im Alter zwischen 25 und 34 Jahren waren und eine Wohngemeinschaft bildeten, führe bei einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung der zum Vertragsabschluss führenden Willenserklärungen der Parteien nicht dazu, dass dem Vertrag ein Recht auf Zustimmung zu einem Mieterwechsel zu entnehmen sei. Auch ergebe sich aus der Personenzahl, der Gleichgeschlechtlichkeit sowie dem Alter der Mieter nicht, dass diese sich nicht aus persönlicher Verbundenheit zu einer Lebensgemeinschaft zusammengetan hätten, sondern hierdurch nur ihren Wohnbedarf für eine begrenzte Zeit kostengünstig decken wollten.
Schließlich könne auch den beiden Nachträgen zum Mietvertrag, mit denen diverse Mieter ersetzt wurden, nicht entnommen werden, dass die Vertragsparteien ein künftiges Recht auf Zustimmung zu weiteren Mieterwechseln vereinbart hätten. Anhaltspunkte dafür, dass alle Vertragsparteien des Nachtrags bei Abschluss dieser Vereinbarung davon ausgingen, dass sich in der Zukunft häufig und in kurzen Zeitabständen ein Wechselbedarf ergeben würde und die Vermieterin dem Wunsch auf eine Vertragsänderung jeweils nachkommen würde, lägen nicht vor.
Die Revision der Mieter wurde daher zurückgewiesen.
Fazit
Der BGH zeigt wichtige Grundsätze auf, an Hand derer bei Fehlen einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung im Wege der Auslegung zu ermitteln ist, ob die Parteien ein Recht der Mieter auf Zustimmung zum Mieterwechsel begründen wollten. Die Anforderungen für die Annahme auf Zustimmung werden zum Schutz des Vermieters insbesondere auch deshalb hoch gehängt, da die Mieter es in der Regel in der Hand haben, für eine Vertragsgestaltung zu sorgen, die ihnen einen Wechsel der Bewohner ohne Zustimmung des Vermieters ermöglicht.
Die Entscheidung des BGH ist richtungsweisend und sorgt für eine einheitlichere, höchstrichterlich abgesicherte Rechtsprechung. Sie zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, eindeutige Regelungen in den Mietvertag aufzunehmen.
Möchten künftige WG – Mitglieder ganz sichergehen, für einen Austausch der Mitglieder nicht auf die Zustimmung des Vermieters angewiesen zu sein, sollte vor Vertragsschluss eine Außen – GbR gegründet und der Mietvertrag durch diese als Mieterin abgeschlossen werden, so dass durch einen in der Regel ohne Zustimmung des Vermieters möglichenGesellschafterwechsel ein Austausch der Bewohner ermöglicht werden kann.
Schreiben Sie einen Kommentar