Der Vermieter will bzw. muss seinem Mieter wegen einer Eigenbedarfssituation die Mietwohnung kündigen. Dies stellt sich oft für beide Seiten als höchst unangenehme Situation dar.
Für Mieter kommt eine Eigenbedarfskündigung meist sehr überraschend und unangekündigt. Sie haben sich in der Regel bereits auf ein längerfristiges Mietverhältnis eingestellt und auch schon kleinere oder größere Investitionen in die Mietwohnung getätigt.
Auch für Vermieter ergeben sich die Lebensumstände, die zu einer Eigenbedarfslage führen oft zufällig und sind bei Abschluss des Mietvertrages noch nicht wirklich konkret oder absehbar, so dass sie ihre Mieter über einen nahenden Eigenbedarfsfall in der Zukunft hätten informieren können.
Umso schwieriger stellt sich nun die Frage der Begründung des Eigenbedarfs dar. Der Mieter erwartet schon aus „moralischen“ Gesichtspunkten eine „gute Begründung“ und Klarheit darüber, weswegen er nun aus der Mietwohnung ausziehen soll und für den Vermieter ist es bereits unter juristischen Aspekten von höchster Wichtigkeit, dass seine Eigenbedarfskündigung ausreichend und nachvollziehbar begründet ist.
Welche Begründungen können also beim Eigenbedarf angeführt werden und welche Anforderungen stellt die Rechtsprechung an eine Begründungspflicht beim Eigenbedarf?
Das sagt die Rechtsprechung über die Begründungsanforderungen beim Eigenbedarf
Die formellen Anforderungen an die Begründung
In einer Entscheidung vom 03.02.2003, Az: 1 BvR 619/02 hat sich das Bundesverfassungsgericht mit der Frage auseinandergesetzt, welche Anforderungen an die Begründungspflicht des Eigenbedarfs zu stellen sind:
So urteilte das Bundesverfassungsgericht
Das BVerfG hält es für ausreichend, dass sich für den Mieter das Interesse des Vermieters an der Kündigung aus dem Kündigungsschreiben erschließt. Dem Vermieter seinerseits soll die Verfolgung seiner Interessen nicht unzumutbar erschwert werden.
Bespiel: Der hier zum BVerfG erhobenen Verfassungsbeschwerde lag ein Urteil des Landgerichts München zugrunde. Die Vermieterin hatte ihre Eigenbedarfskündigung auf einen erhöhten Wohnbedarf für sich, ihren Lebensgefährten und das erwartete noch ungeborene Kind gestützt. Das Landgericht hatte in seiner Entscheidung die Eigenbedarfskündigung u.a. deshalb für unwirksam erklärt, weil die Vermieterin in dem Kündigungsschreiben an den Mieter nicht die genaue Größe der von ihr derzeit bewohnten 3-Zimmerwohnung angegeben hatte. Auch hätte sie nach Ansicht des Landgerichts den Namen des Lebensgefährten nennen müssen.
Das Bundesverfassungsgericht hielt die Verfassungsbeschwerde der Vermieterin für begründet. Das Gericht kann einem Vermieter keine Begründungspflicht abverlangen, die ihm Angaben abverlangen, welche über ein anerkennenswertes Informationsbedürfnis des Mieters hinausgehen. Sinn und Zweck einer Begründungspflicht sei es nämlich, dass der Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition erlangt und so in die Lage versetzt wird, rechtzeitig alles Erforderliche zum Schutze seiner Interessen in die Wege zu leiten. Der Mieter muss beurteilen können, ob er die Kündigung hinnehmen, oder dagegen vorgehen will.
Die Nennung des konkreten Namen des Lebensgefährten hielt das BVerfG deshalb nicht für erforderlich, weil allein durch die Bezeichnung einer Person als „Lebensgefährten“ für den Mieter eine Zuordnung dahingehend ermöglicht wird, ob der Lebensgefährte dem im Rahmen des Eigenbedarfs berechtigten Personenkreis unterfällt. Auch sah es das BVerfG als ausreichend im Hinblick auf die Begründung des erhöhten Wohnbedarfs an, dass die derzeitige Anzahl der vorhandenen Zimmer sowie die Anzahl der dort wohnhaften Personen in der Kündigung angegeben wurden.
Fazit zu den Anforderungen
Mitzuteilen sind vom Vermieter die „Kerntatsachen“, d.h. die Bezeichnung des Kündigungsgrunds in der Art und Weise, dass dieser vom Mieter identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann (LG Berlin vom 24.10.2013, Az: 67 S 100/13). Der Vermieter sollte z.B. Angaben zu seiner derzeitigen Wohnsituation machen (AG Tempelhof-Kreuzberg vom 13.12.2011, Az: 9 C 128/11) sowie die Personen angeben, für die die Wohnung benötigt wird, und das Interesses darlegen, das diese Personen an der Erlangung der Wohnung haben(BGH, Urteil vom 17.03.2010, Az: VIII ZR 70/09)
Die Gründe für eine Nutzungswunsch der Wohnung durch den Vermieter selbst oder durch die nach dem Gesetz begünstigte Personen müssen vernünftig und nachvollziehbar sein wie z.B. erhöhter Wohnbedarf, Wunsch des erwachsenen Kindes auf selbständige Lebensführung, Pflege naher Angehöriger, Nähe zum Arbeitsplatz u.a.
In diesen Fällen hat die Rechtsprechung z.B. ausreichende Gründe für einen Eigenbedarf bejaht:
- Regelmäßige Nutzung der vermieteten Wohnung als Zweitwohnung, um sich mit 13 jährigen Tochter aus früherer Beziehung in einer häuslichen, familiären Umgebung zu treffen (LG Berlin vom 22.08.2013, Az: 67 S 121/12);
- Ernsthafte Absicht des Vermieters sich von seinem Ehegatten zu trennen und künftig ohne diesen in der vermieteten Wohnung leben zu wollen(LG Heidelberg vom 14.12.2012, Az: 5 S 42/12);
- Eigenbedarfskündigung für Betreuungspersonen des Vermieters(AG Karlsruhe vom 26.02.2010, Az: 4 C 381/09)
In diesen Fällen hat die Rechtsprechung z.B. ausreichende Gründe für einen Eigenbedarf verneint:
- Geltendmachung von Eigenbedarf an einer ca. 100 m² großen 5-Zimmerwohnung für die 18 jährige Tochter, die die Wohnung zunächst alleine bewohnen will, keine Ausbildungsstelle und keinen Arbeitsplatz hat und über kein eigenes Einkommen verfügt (AG Köpenick vom 14.09.2013, Az: 14 C 16/13);
- Kündigung wegen Eigenbedarfs bei beabsichtigter Nutzung von maximal 180 Tagen im Jahr (Urteil des AG Wolfratshausen vom 28.06.2012, Az: 8 C 51/12)
- Kündigung wegen Eigenbedarfs für entfernten Verwandten (Urteil des LG Berlin vom 24.10.2003, Az: 65 S 240/03)
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