Bereits im Jahr 2015 hatte der Bundesgerichtshof über die bis dahin viel diskutierte Frage zu entscheiden, ob ein Mieter durch eine formularvertragliche Schönheitsreparaturklausel wirksam zur Renovierung verpflichtet werden kann, wenn ihm die Wohnung zu Beginn des Mietverhältnisses unrenoviert übergeben worden ist. Diese Frage hat der BGH eindeutig zu Gunsten des Mieters, und zwar in der Weise entschieden, dass eine entsprechende formularvertragliche Schönheitsreparaturklausel unwirksam ist und der Mieter nicht renovieren muss, sofern ihm kein angemessener Ausgleich für die unrenovierte Übergabe der Wohnung gewährt wurde (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.2015 – VIII ZR 185/14). Als Konsequenz dessen, dass der Mieter in einer entsprechenden Situation nicht zur Renovierung verpflichtet ist, stellte sich nun die Frage, ob umgekehrt der Mieter von seinem Vermieter die Renovierung verlangen kann. Hierauf hat nun der BGH mit zwei Urteilen vom 08.07.2020 eine Antwort gegeben. Wie diese aussieht und wie der BGH seine Entscheidung begründet hat, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Die Fälle
In beiden Fällen, über die der BGH mit seinen Urteilen vom 08.07.2020 zu entscheiden hatte, waren die Wohnungen den Mietern ohne angemessenen Ausgleich zu Beginn des Mietverhältnisses unrenoviert übergeben worden, so dass die jeweils im Mietvertrag enthaltenen formularmäßigen Schönheitsreparaturklauseln unwirksam waren.
In einem der Fälle (Az.: VIII ZR 163 /18), in dem das Mietverhältnis im Jahr 2002 begann, forderten die Mieter ihre Vermieterin nach ca. 14 – jähriger Mietdauer auf, Tapezier- und Malerarbeiten vorzunehmen. Da die Vermieterin dies ablehnte, entschlossen sich die Mieter, die Arbeiten selbst durchzuführen und verlangten von ihrer Vermieterin die Zahlung eines Vorschusses in Höhe von ca. 7.300,00 Euro.
In dem zweiten Fall (Az.: VIII ZR 270 /18), in dem das Mietverhältnis bereits seit 1992 bestand, forderte der Mieter nach 23 Jahren von der Vermieterin ebenfalls die Durchführung von Malerarbeiten, was die Vermieterin verweigerte.
Die Entscheidung
Dass das Gericht den Mietern in vollem Umfang recht geben würde, hätte auf den ersten Blick aus folgendem Grund nahegelegen:
Ist eine Schönheitsreparaturklausel unwirksam, richtet sich die Frage, wer zur Renovierung verpflichtet ist, gem. § 306 Abs.2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Einschlägig ist in diesem Fall § 535 Abs.1 S.2 BGB, der besagt, dass der Vermieter verpflichtet ist, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Hierunter fällt grds. auch die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen mit der Folge, dass ohne wirksame abweichende Regelung der Vermieter und nicht der Mieter die Schönheitsreparaturen durchführen muss, wenn diese objektiv erforderlich sind.
Der BGH weist in seinen Entscheidungen vom 08.07.2020 nun aber darauf hin, dass die Wohnungen bereits zu Beginn des Mietverhältnisses nicht renoviert waren und es sich hierbei um einen vertragsgemäßen Zustand gehandelt hat. Der Vermieter schulde auch im Rahmen seiner aus § 535 Abs.1 S.1 BGB folgenden Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht nicht mehr als den bei Mietbeginn vorhandenen vertragsgemäßen Erhaltungszustand. Würde der Vermieter, der die Wohnung vertragsgemäß unrenoviert übergeben hat, nun zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet, werde die Wohnung dadurch in einen besseren Zustand versetzt als er bei Mietbeginn existierte und als ihn der Mieter vereinbarungsgemäß erwarten dürfe.
Da es aber- so der BGH- nicht sinnvoll und auch nicht praktikabel sei, die Wohnung in den bei Mietbeginn vorhandenen, vom Vermieter an sich geschuldeten Erhaltungszustand zurückzuversetzen und nur teilweise zu renovieren, könne der Mieter von seinem Vermieter zwar verlangen, dass dieser die Wohnung in einen frisch renovierten Zustand versetze, müsse sich aber – in der Regel zur Hälfte – an den Kosten beteiligen. Voraussetzung für den Anspruch des Mieters sei allerdings, dass sich der Dekorationszustand der Wohnung seit Mietbeginn wesentlich verschlechtert habe.
Fazit
Der Mieter, dem seine Wohnung vereinbarungsgemäß ohne angemessenen Ausgleich in unrenoviertem Zustand übergeben worden ist, kann von seinem Vermieter verlangen, dass dieser sie in einen frisch renovierten Zustand versetzt, vorausgesetzt
- der Zustand der Wohnung hat sich seit Mietbeginn wesentlich verschlechtert und
- der Mieter beteiligt sich (in der Regel zur Hälfte) an den Renovierungskosten.
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