Bis vor kurzem gab es in einer großen Zahl von vermieteten Mehrfamilienhäusern Sammelanschlüsse für den Empfang von Kabelfernsehen. Die entsprechenden Verträge wurden von der Hausverwaltung oder dem bzw. den Vermietern abgeschlossen. Für die Vermieter waren hiermit keine zusätzlichen Kosten verbunden, da sie die Gebühren vollständig als Betriebskosten i. S. d. § 2 Nr.15 BetrKV auf den bzw. die Mieter umlegen konnten, und zwar unabhängig davon, ob der jeweilige Mieter den Kabelanschluss tatsächlich genutzt hat oder nicht. Für den Mieter konnte dies zur Folge haben, dass er für die reine Möglichkeit des Empfangs von Kabelfernsehen zahlen musste, auch wenn er diese gar nicht in Anspruch genommen hat. Diese Umlagefähigkeit der Gebühren für den Kabelanschluss, auch sog. Nebenkostenprivileg genannt, ist nun mit der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) mit Wirkung zum 1. Juli 2024 abgeschafft worden. Was dies für Vermieter und Mieter bedeutet und was beide Seiten beachten sollten, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Sonderkündigungsrecht für Vermieter
Für den Vermieter hat die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs zunächst nur die unmittelbare Folge, dass er die Kosten für den Kabelanschluss – bei Wohnungseigentum in der Regel über das Hausgeld – selbst zahlen muss, ohne die Kosten auf den Mieter umlegen zu können. Da der Gesetzgeber den Vermieter vor derartigen finanziellen Nachteilen schützen wollte, wurde ihm ebenfalls im Rahmen der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt. Gem. § 230 Abs.5 TKG kann jede Partei, also nicht nur Wohnungseigentümer bzw. Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermieter, sondern auch der Netzbetreiber einen vor dem 1. Dezember 2021 geschlossenen Bezugsvertrag über die Belieferung von Gebäuden oder in den Gebäuden befindlichen Wohneinheiten mit Telekommunikationsdiensten wegen der Beschränkung der Umlagefähigkeit nach § 2 Satz 1 Nr. 15 Buchstabe a und b der BetrKV frühestens mit Wirkung ab dem 1. Juli 2024 ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, soweit die Parteien für diesen Fall nichts anderes vereinbart haben. Macht eine Seite von diesem Kündigungsrecht Gebrauch, berechtigt dies den anderen Teil nicht zum Schadensersatz.
Wichtig:
Vermieter von Eigentumswohnungen können dieses Kündigungsrecht nicht im Alleingang ausüben. Es bedarf vielmehr eines vorherigen Beschlusses der Eigentümergemeinschaft.
Mieter müssen ggf. eigene Verträge abschließen
Macht der Wohnungseigentümer bzw. die Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. der Vermieter oder aber der Netzbetreiber von dem zuvor geschilderten Sonderkündigungsrecht Gebrauch, hat dies für diejenigen Mieter, die den zur Verfügung stehenden Kabelanschluss ohnehin nicht genutzt haben, keine negativen Auswirkungen, sondern führt – im Gegenteil – zu einer finanziellen Entlastung durch die Reduzierung der Nebenkosten. Diejenigen Mieter hingegen, die den zur Verfügung stehenden Kabelanschluss genutzt haben, sitzen im Falle einer Kündigung des Bezugsvertrages vor schwarzen Bildschirmen, wenn sie nicht selbst tätig werden und selbst neue Verträge abschließen. Hierdurch erhält der Mieter zwar mehr Freiheit bei der Auswahl nicht nur der Art des Fernsehempfangs, sondern auch des Anbieters. Dem steht jedoch zusätzlicher Arbeitsaufwand gegenüber. Außerdem kann die vom Gesetzgeber gewollte Ersparnis, die der Mieter zunächst durch den Wegfall der Umlagefähigkeit der Kabelgebühren hat, nicht nur wieder entfallen, sondern das Gegenteil – nämlich eine Mehrbelastung – dadurch eintreten, dass die Gebühren für den neu abgeschlossenen Vertrag höher sind als bisher. Es ist nicht auszuschließen, dass Anbieter von Kabelfernsehen im Rahmen des rechtlich zulässigen die Situation ausnutzen und die Gebühren für neu abgeschlossene Verträge erhöhen.
Wichtig:
Es bleibt nicht aus, dass unseriöse Anbieter den Wegfall des Nebenkostenprivilegs und die Beendigung vieler Kabelverträge zum Anlass nehmen, Mieter zum Abschluss unseriöser Verträge zu bewegen, indem sie an der Haustür klingeln oder den Mieter telefonisch kontaktieren. Solche Verträge sollte der Mieter nicht abschließen und – wenn es übereilt doch geschehen ist – von seinem Widerrufsrecht aus §§ 312b, 312c, 312g, 355 BGB Gebrauch machen.
Welche Wahlmöglichkeiten Mieter jetzt haben
Ein Kabelanschluss ist nicht die einzige Möglichkeit, Fernsehen zu empfangen. Es gibt viele Alternativen, zwischen denen der Mieter sorgsam auswählen und die entstehenden Kosten vergleichen sollte.
Antenne
Eine Alternative zum Kabelfernsehen stellt der Empfang mittels einer Antenne (DVB –T2 HD) dar. Auf diese Weise können ca. 20 öffentlich – rechtliche Sender kostenlos empfangen werden. Für den Empfang von ca. 20 verschlüsselten Privatsendern müssen Mieter monatlich ca. 7 Euro zahlen.
Allerdings sollte jeder Mieter im Blick haben, dass der Antennenempfang aus technischen Gründen nicht in jeder Region möglich ist. Dies sollte abgeklärt werden, bevor der Mieter vergebens Kosten für den Erwerb der Antenne aufwendet und ggf. einen Vertrag für den Empfang verschlüsselter Privatsender abschließt.
Satellit
Eine weitere Möglichkeit, Fernsehen ohne Kabelanschluss zu empfangen, stellt der Empfang per Satellitenschüssel dar. Der Satellitenempfang (DVB-S) bietet die größte Programmvielfalt. Es können in der Regel mehrere Hundert deutschsprachige und noch deutlich mehr ausländische Sender empfangen werden. Private Sender bieten kostenlos jedoch nur SD Qualität an. Wer auch private Sender in der höheren HD Qualität empfangen möchte, muss mit Kosten in Höhe von ca. 6 Euro monatlich rechnen.
Der mit dem Satellitenempfang verbundene finanzielle Nachteil besteht allerdings darin, dass die Kosten für den Erwerb und die Installation der Satellitenschüssel mit mindestens 100,00 Euro zu Buche schlagen.
Außerdem bedarf es der Zustimmung des Vermieters, wenn der Mieter die Satellitenschüssel am Balkon oder an der Hauswand anbringen möchte. Die Erlaubnis kann der Vermieter zwar nicht grundlos, aber dann verweigern, wenn andere zumutbare Möglichkeiten existieren, z.B. wenn der Empfang von Kabelfernsehen möglich ist oder eine Gemeinschaftssatellitenantenne vorhanden ist. Beim Auszug kann der Vermieter in der Regel außerdem den Rückbau verlangen.
Bei der Auswahl der Art des Fernsehempfangs sollte jeder Mieter außerdem berücksichtigen, dass der Satellitenempfang aus technischen Gründen wetterbedingt nicht immer sicher jederzeit möglich ist. Der Mieter sollte prüfen, ob er bereit ist, evtl. Einbußen in Kauf zu nehmen, bevor er ggf. hohe Kosten für den Erwerb und die Installation der Satellitenschüssel aufwendet.
Internet
Eine weitere inzwischen sehr verbreitete Möglichkeit zum Empfang von Fernsehen stellt der Empfang über das Internet dar, der auf zweierlei Art und Weise, und zwar entweder als Live-TV-Streaming oder als IP-TV (TV per Internet-Protokoll) möglich ist. Ein besonderer Vorteil des Internetfernsehens besteht darin, dass hierbei auch der Empfang per Laptop, Smartphone oder Tablet möglich ist. Während der Empfang der öffentlich-rechtlichen Sender kostenlos ist, müssen Mieter für den Empfang privater Sender mit Kosten in Höhe von ca. 6 bis 10 Euro monatlich rechnen. Außerdem sollte gewährleistet sein, dass ein Breitbandinternetanschluss vorhanden ist.
Bereitstellung von Kabelfernsehen durch den Vermieter bleibt weiterhin möglich
Die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs muss nicht zwangsläufig zu Folge haben, dass diejenigen Mieter, die weiterhin Kabelfernsehen nutzen möchten, die entsprechenden Verträge selbst abschließen müssen. Selbstverständlich können die Parteien des Mietverhältnisses vertraglich vereinbaren, dass der Vermieter den Mieter weiterhin mit Kabelfernsehen versorgt und seinerseits die entsprechenden Verträge abschließt. Da eine Umlage der Kosten auf den Mieter über die Nebenkosten nicht mehr zulässig ist, sind allerdings nur solche Vertragsgestaltungen möglich, die vorsehen, dass die Kabelgebühren künftig in der Grundmiete enthalten sind. Möglich ist auch der Abschluss eines gesonderten Vertrages zwischen Vermieter und Mieter über die Versorgung des Mieters mit Kabelfernsehen durch den Vermieter. Derartige Vereinbarungen über die Erhöhung der Grundmiete oder über den gesonderten Kabelvertrag, die gem. § 56 Abs.1 S.1 TKG in der Regel anfänglich höchstens eine Mindestlaufzeit von 24 Monaten haben dürfen, kann der Mieter grds. gem. § 71 Abs.2 S.3 TKG i. V. m. § 56 Abs.3 TKG nach Ablauf von 24 Monaten mit einer Frist von einem Monat kündigen.
Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen
In der Regel richtet sich die Höhe der Nebenkostenvorauszahlungen nach den im Vorjahr tatsächlich entstandenen Nebenkosten. Da sich diese durch den Wegfall der Umlagefähigkeit der Kabelgebühren ermäßigen, falls der Vermieter Kabelfernsehen zur Verfügung gestellt und die Gebühren auf den Mieter umgelegt hat, sollten auch die monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen reduziert werden. Das Gesetz verleiht in § 560 Abs.4 BGB jeder Partei das Recht, nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung auf eine angemessene Höhe vorzunehmen. Dieses Recht besteht allerding erst, nachdem der Vermieter die Abrechnung erstellt hat und damit nicht vor dem Ende der laufenden Abrechnungsperiode.
Kündigungsrecht bei Inklusivmiete
In der überwiegenden Zahl aller Fälle wurden die Gebühren für den Kabelanschluss bisher im Rahmen der Nebenkosten auf den Mieter umgelegt. Es gibt aber auch solche Fälle, in denen über die Nebenkosten – soweit zulässig -nicht verbrauchsabhängig abgerechnet, sondern eine sog. Inklusivmiete gezahlt wird, mit der Folge, dass die Kosten für den Kabelanschluss in der Inklusivmiete, also der Grundmiete enthalten sind. Auf diese Fälle hat die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs keine unmittelbare Auswirkung. Diese Vertragsgestaltung ist – sofern die Heizkostenverordnung nicht im Wege steht – weiterhin zulässig. Gem. § 71 Abs.2 S.3 TKG i. V. m. § 56 Abs.3 TKG haben Mieter aber die Möglichkeit, die Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten im Rahmen des Mietverhältnisses durch eine Kündigung unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat zu beenden, sofern das Mietverhältnis mindestens 24 Monate besteht. Hat eine der Parteien die Versorgung des Mieters mit Kabelfernsehen beendet, muss die Inklusivmmiete entsprechend herabgesetzt werden. Bei dieser Kürzung sollten sich die Parteien allerdings nicht an der Höhe der aktuellen, sondern derjenigen Kabelgebühren orientieren, die im Zeitpunkt der (letzten) Vereinbarung über die Höhe der Indexmiete üblich waren.
Auswirkungen auf das Bürgergeld
Empfänger von Bürgergeld werden die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs besonders zu spüren bekommen. Bisher hat der Staat die Gebühren für den Kabelanschluss im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung (vgl. § 22 SGB II) dann übernommen, wenn die Gebühren Teil der Betriebskostenvorauszahlungen waren. Mit dem Wegfall der Umlagefähigkeit entfällt diese staatliche Leistung. Wenn Bürgergeldempfänger weiter Kabelfernsehen nutzen möchten, müssen sie die Gebühren künftig aus dem Regelsatz zahlen, sofern es nicht noch zu einer gesetzlichen Änderung kommt. Bereits jetzt wird von vielen Seiten eine gesetzliche Regelung gefordert, die den Staat zur Übernahme der Kabelgebühren verpflichtet.
Umlagefähigkeit von Entgelten für Glasfaseranschlüsse bleibt erhalten
Das Verbot, die Gebühren für einen Kabelanschluss auf den Mieter im Rahmen der Nebenkosten umzulegen, gilt nicht für Entgelte, die der Vermieter für einen Glasfaseranschluss zahlen muss. Diese Entgelte sind von der Gesetzesänderung nicht betroffen, wie sich aus § 556 Abs.3a BGB ergibt. Allerdings ist die Umlagefähigkeit gesetzlich sowohl der Höhe nach beschränkt als auch zeitlich befristet. Diese Beschränkungen ergeben sich aus § 72 Abs.2 TKG, der entsprechende Beschränkungen des Bereitstellers des Glasfaseranschlusses gegenüber seinem Vertragspartner enthält. Nach § 72 Abs.2 S.1 und 2 TGK darf das Bereitstellungsentgelt im Jahr höchstens 60 Euro und in der Summe höchstens 540 Euro je Wohneinheit betragen. Es darf höchstens für die Dauer von bis zu fünf Jahren erhoben werden. Ist dieser Zeitraum zur Refinanzierung der Gesamtkosten nicht ausreichend, kann er auf höchstens neun Jahre verlängert werden. Diese Beschränkungen wirken sich unmittelbar auch auf die Umlagefähigkeit der Kosten im Rahmen des Mietverhältnisses aus. Überschreitet das Bereitstellungsentgelt EUR 300,00, kann der Vermieter dieses gem. § 556 Abs.3a S.2 BGB i. V. m. § 72 Abs.2 S.4 TKG nur dann auf den Mieter umlegen, wenn der Vermieter vor der Vereinbarung der Glasfaserbereitstellung – soweit möglich – drei Angebote eingeholt und das wirtschaftlichste ausgewählt hat.
Beachte:
Mieter, deren Vermieter die Mietsache mit einem Glasfaseranschluss ausstattet, müssen mit einer Mieterhöhung in Folge einer Modernisierung rechnen, da der erstmalige Anschluss der Mietsache an ein öffentliches Netz mit sehr hoher Kapazität mittels Glasfaser gem. § 555b Zf.4a BGB eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 559 BGB darstellt. Allerdings ist die Mieterhöhung gem. § 559 Abs.1 S.2 BGB nur zulässig, wenn der Mieter seinen Anbieter von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten über den errichteten Anschluss frei wählen kann und der Vermieter kein Bereitstellungsentgelt gemäß § 72 des Telekommunikationsgesetzes als Betriebskosten umlegt oder umgelegt hat.
Fazit und Zusammenfassung
- Mit Wirkung zum 1. Juli 2024 ist das Nebenkostenprivileg abgeschafft worden. Seitdem können Vermieter die Gebühren für einen Kabelanschluss nicht mehr auf den Mieter als Nebenkosten umlegen.
- Einen vor dem 1. Dezember 2021 geschlossenen Kabelvertrag können Vermieter bzw. Wohnungseigentümergemeinschaften frühestens mit Wirkung ab dem 1. Juli 2024 ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.
- Macht der Vermieter bzw. die Wohnungseigentümergemeinschaft von seinem / ihrem Kündigungsrecht Gebrauch, und gibt es auch keine vertragliche Vereinbarung der Mietvertragsparteien darüber, dass der Vermieter den Mieter – z. B. gegen Erhöhung der Grundmiete – weiterhin mit Kabelfernsehen versorgt und seinerseits die entsprechenden neuen Verträge abschließt, müssen Mieter eigene Kabelverträge abschließen, wenn sie weiterhin Kabelfernsehen empfangen möchten.
- Zum Kabelfernsehen gibt es zahlreiche Alternativen, und zwar
- Fernsehen über eine Antenne,
- Fernsehen mittels einer Satellitenschüssel,
- Fernsehen über das Internet entweder als Live-TV-Streaming oder als IP-TV (TV per Internet-Protokoll).
- Wurden die Kabelgebühren bislang als Betriebskosten auf den Mieter umgelegt, sollte künftig die Höhe der Nebenkostenvorauszahlung entsprechend angepasst bzw. herabgesetzt werden. Jede Vertragspartei kann dies nach der nächsten Abrechnung einseitig bewirken.
- Bei einer Inklusivmiete
- kann der Mieter die Versorgung mit Kabelfernsehen unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat beenden, sofern das Mietverhältnis mindestens 24 Monate besteht,
- muss die Inklusivmiete herabgesetzt werden, wenn die Versorgung des Mieters mit Kabelfernsehen beendet worden ist.
- Empfänger von Bürgergeld, die weiterhin Kabelfernsehen nutzen möchten, müssen die Gebühren künftig aus dem Regelsatz zahlen.
- Die Umlagefähigkeit von Entgelten für Glasfaseranschlüsse bleibt erhalten.
Schreiben Sie einen Kommentar