Mieträumlichkeiten sind nur sinnvoll nutzbar, wenn sie mit Strom, Wasser und Heizenergie versorgt werden. Kommt es zu einer Versorgungssperre, ist der Mieter kaum mehr in der Lage, seine gewerbliche Tätigkeit auszuüben.
Wir erklären hier, was Mieter und Vermieter über die Versorgungssperre im Gewerbemietrecht wissen müssen und was es zu beachten gibt.
1. Mieter ist selbst Vertragspartner des Versorgungsunternehmens
Voraussetzung für die Einstellung der Versorgungsleistungen ist, dass das Versorgungsunternehmen einen über der Bagatellgrenze von 100 Euro liegenden Zahlungsrückstand angemahnt, die Einstellung der Versorgung angedroht und nach der Androhung vor der eigentlichen Liefersperre eine vierwöchige Frist eingehalten hat.
2. Vermieter ist Vertragspartner des Versorgungsunternehmens
2.1. Versorgungssperre bei laufendem Mietverhältnis
Die Rechtslage ist umstritten und verwirrend. Nach dem Auszug des Mieters aus den Räumlichkeiten hat jedenfalls der Bundesgerichtshof für ein gewerbliches gekündigtes Mietverhältnis entschieden, dass der Vermieter bei Zahlungsrückständen des Mieters die Versorgung mit Wasser, Heizung oder Strom einstellen darf (BGH WuM 2009, 469, siehe unten).
Inwieweit diese Entscheidung auch auf eine Versorgungssperre bei einem laufenden und ungekündigten Mietverhältnis anwendbar ist, ist fraglich. Da im Gewerbemietrecht anders als im Wohnraummietrecht kein sozialer Mieterschutz besteht, wird eine Versorgungssperre durch den Vermieter voraussichtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden sein.
Mithin dürfte der Zeitraum der Zahlungsrückstände des Mieters bedeutsam sein, die Höhe der Rückstände, die Bemühungen des Mieters um eine Regulierung, die Dauer des Mietverhältnisses und vielleicht auch die Perspektive, die der Mieter dem Vermieter zur Bereinigung der Situation aufzeigen kann.
Teilst erkennt die Rechtsprechung an, dass der Vermieter die Versorgung nicht unterbrechen darf, nur weil der Mieter im Mietrückstand ist (KG Berlin GE 2005, 1429). Nach anderer Auffassung habe der Vermieter lediglich die technischen Voraussetzungen zu schaffen, dass der Mieter mit einem Stromversorgungsunternehmen direkt einen Versorgungsvertrag abschließen kann (OLG Brandenburg 3 U 79/06 in IMR 2007, 216).
Das OLG Köln (ZMR 2005, 124) führt aus, dass der Vermieter von Gewerberaum nicht mit einem Versorgungsunternehmen gleichzustellen sei, er aber dennoch nicht berechtigt sei, bei vertraglicher Vereinbarung zur Belieferung des Mieters mit Strom die Leistung einzustellen.
Alle Entscheidungen lassen jedoch den Aspekt vermissen, dass im Zahlungsverzug des Mieters schlicht unterstellt wird, dass dem Vermieter zuzumuten ist, die durch den Energieverbrauch des Mieters entstehenden Kosten aus eigener Tasche zu bezahlen und der Mieter faktisch auf Kosten des Mieters sein Gewerbe betreibt. Diese teils ideologisch geprägte Auffassung kann allenfalls dann Bestand haben, wenn abzusehen ist, dass der Zahlungsverzug des Mieters vorübergehend ist und er bei einer guten perspektivischen Einschätzung seiner Situation sein Gewerbe voraussichtlich wird fortsetzen können. Insoweit läuft alles auf eine Interessenabwägung im Einzelfall hinaus.
Versorgungssperre infolge Zahlungsverzugs des Vermieters
Befindet sich der Vermieter selbst im Zahlungsverzug gegenüber den Versorgungsunternehmen und kommt es deshalb zu einer Versorgungssperre, kann der Mieter dies verhindern, indem er beim Amtsgericht eine einstweilige Verfügung beantragt und sicherstellt, künftig die Versorgungsleistungen zu zahlen (LG Bonn WuM 1980, 231; LG Frankfurt/Oder WuM 2002, 312); Auch kann der Vermieter die unmittelbare Zahlung an das Versorgungsunternehmen nicht verhindern (AG Münster WuM 1995, 699).
Andere Gerichte lehnen einer einstweilige Verfügung gegen das Versorgungsunternehmen ab, gestehen aber zu, dass der Mieter die Zahlungsrückstände des Vermieters ausgleicht oder zumindest die laufenden Zahlungen leistet (LG Münster WuM 2007, 274; LG Neuruppin WuM 2001, 346).
2.2. Versorgungssperre durch den Vermieter bei gekündigten Mietverhältnis („kalte Räumung“)
Statt der formalen Räumung durch den Gerichtsvollzieher kommt auch eine „kalte Räumung“ in Betracht, indem der Vermieter die Energiebelieferung einstellt. Aufgrund des beendeten Mietvertrages ist der Vermieter nicht mehr zur Überlassung der Räumlichkeiten zum Gebrauch durch den Mieter verpflichtet. Der Mieter begeht verbotene Eigenmacht, wenn er die Räumlichkeiten weiter benutzt.
Da diese Art der Räumung an der Grenze zur Selbstjustiz liegt, wird sie in der Rechtsprechung mindestens kritisch betrachtet. Der Bundesgerichtshof jedoch urteilte in einem Fall über Gewerberäume zum Betrieb einer Gaststätte, dass der Vermieter zur Einstellung der Belieferung von Warmwasserheizung berechtigt war (BGH Urt.v. 6.5.2009, Az. XII ZR 137/07 in WuM 2009, 469).
Der Vermieter sei vertraglich nicht mehr zur Energiebelieferung verpflichtet gewesen. Eine Verpflichtung käme nur in Betracht, wenn sie den berechtigten Interessen des Vermieters nicht in unzumutbarer Weise zuwiderlaufe. Angesichts der erheblichen Mietrückstände und eines drohenden weiteren Schadens, stelle die Einstellung der Versorgung keine verbotene Besitzstörung dar.
Diese Argumentation wird auch dadurch gestützt, dass ein Versorgungsunternehmen die Energielieferung einstellen darf, falls der Mieter den Versorgungsvertrag direkt mit dem Versorgungsunternehmen abgeschlossen hat und nicht zahlt. Diese Maßnahme beurteilt niemand als Besitzstörung.
In einem anderen Fall ging es um die Unterbrechung der Wasserversorgung durch den Vermieter nach beendetem Gewerbemietverhältnis. Der Mieter war mit mehr als 2 Monatsmieten und den Nebenkostenvorauszahlungen in Verzug. Das Kammergericht sah darin keine Besitzstörung des Vermieters (KG Berlin NZM 2005, 66). Das OLG Saarbrücken (GuT 2005, 218) und das LG Berlin (WuM 2003, 509) waren in ähnlichen Fällen allerdings gegenteiliger Auffassung. Insbesondere hatte die früher maßgebliche Rechtsprechung in solchen Maßnahmen regelmäßig eine Maßnahme von Selbstjustiz und damit verbundene Eigenmacht gesehen (OLG Köln Urt. v. 26.4.2004 in NZM 2005, 67). Mit der BGH-Entscheidung aus dem Jahre 2009 dürfte sich die Rechtsprechung insgesamt zu Gunsten des Vermieters verfestigt haben.
3. Vermieter vermietet als Sondereigentümer
Zahlt nämlich ein Sondereigentümer kein Hausgeld, ist die Eigentümergemeinschaft berechtigt, den säumigen Teileigentümer vom Energiebezug auszuschließen (BGH ZMR 2005, 881). Grundlage ist § 273 BGB, der ein Zurückbehaltungsrecht gewährt. Voraussetzung ist ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft, ein erheblicher Rückstand von in der Regel mindestens 6 Monatsbeträgen, die Androhung der Versorgungssperre und die Beachtung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall.
Der Mieter muss dann auch nach überwiegender Meinung den Zutritt zu den Räumlichkeiten und das Abstellen der dort befindlichen Versorgungseinrichtungen dulden (KG ZMR 2002, 460, abweichende Auffassung: OLG Köln NZM 2000, 1026).
02.01.2019 - 15:39
Ist denn der Vermiter, wenn er den Vertrag mit dem Energieunternehmen hat, auch dafür verantwortlich dass der Strom in der Menge (Ampere) geliefert wird, wie er für den definierten Mietzweck gebraucht wird?
Und muss er haften, wenn das nicht der Fall ist und d er Betrieb deshalb nicht aufgenommen werden kann?
02.01.2019 - 16:07
Hallo Margitta,
ich bin sicher, dass die Frage im Vertrag zwischen Vermieter und Versorger beantwortet wird.
Viele Grüße
Dennis Hundt
22.01.2019 - 18:34
Der Vermieter hat uns lediglich mitgeteilt, dass der Versorger nicht mehr als 68 Ampere liefern kann, wir sollen ein Notstromaggregat besorgen. Das Gebäude hat der Bahn gehört und über die Bahn läuft die Stromversorgung, dh, wir hätten gar nicht die Möglichkeit einen eigenen Versorger zu suchen. Der Vermieter meint dass er zu einer stärkeren Stromlieferung nicht verpflichtet sei, die Menge sei bei Gewerbe üblich. Mietzweck ist ein Theater mit Gastronomie, wir brauchen einiges an Starkstrom. Außerdem wird die Kalthalle mit Strom geheizt, das war alles bei Abschluss des Vertrages bekannt. Wer ist denn jetzt zuständig für den zusätzlichen Strom?