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Mieter richtig abmahnen: Ratgeber für Vermieter

Nicht jeder Mieter verhält sich stets vertragsgemäß. Die Liste der möglichen Vertragsverletzungen, die ein Mieter begehen kann, ist lang. Von Störungen des Hausfriedens über eine ungenehmigte Untervermietung bis hin zur Verletzung von Obhutspflichten ist alles möglich. Verletzt der Mieter seine mietvertraglichen Pflichten, hat der Vermieter oft das nachvollziehbare Bedürfnis, hieraus rechtliche Konsequenzen zu ziehen. Entsprechende Rechte stellt ihm das Gesetz grundsätzlich auch zur Verfügung. Die Umsetzung dieser Rechte scheitert jedoch nicht selten daran, dass der Vermieter eine vom Gesetzgeber vorausgesetzte Abmahnung nicht oder nicht ordnungsgemäß ausspricht. Um Vermieter vor dem damit einhergehenden Verlust von Rechten zu bewahren, erklärt dieser Beitrag, wann eine Abmahnung des Mieters erforderlich ist und vor allem, wie sie formal und inhaltlich ausgestaltet sein muss, damit sie ihre Wirkung entfaltet.

I. In diesen Fällen verlangt das Gesetz eine Abmahnung des Mieters

Der Zweck einer Abmahnung besteht darin, den Mieter auf sein Fehlverhalten aufmerksam zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 20. 02. 2008 – VIII ZR 139/07), ihn vor Konsequenzen weiterer Pflichtverletzungen zu warnen und ihm Gelegenheit zur Änderung seines Verhaltens zu geben (vgl. BGH, Urteil vom 11. 01. 2006 – VIII ZR 364/04). Da die Abmahnung dem Schutz des Mieters dient, erlangt sie für Vermieter vor allem dadurch Bedeutung, dass sie Voraussetzung für die Geltendmachung bestimmter Rechte ist, die dem Vermieter auf Grund eines vertragswidrigen Verhaltens des Mieters zustehen.

Verletzt der Mieter seine mietvertraglichen Pflichten, hat der Vermieter gegen ihn einen Anspruch auf Unterlassung des vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache bzw. auf Beseitigung eines vom Mieter geschaffenen vertragswidrigen Zustandes. Gem. § 541 BGB ist allerdings Voraussetzung für diesen Anspruch, dass der Mieter zuvor erfolglos abgemahnt worden ist.

Weitaus größere Bedeutung hat die Abmahnung allerdings als Voraussetzung für eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens des Mieters gem. §§ 543,569 BGB. § 543 Abs.3 S.1 BGB bestimmt nämlich, dass eine außerordentliche fristlose Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist, wenn der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag besteht.

Im Gegensatz zur außerordentlichen fristlosen Kündigung erfordert die ordentliche fristgerechte Kündigung gem. § 573 Abs.2 Nr.1 BGB nach zwar umstrittener, aber überwiegender Ansicht, die auch der BGH vertritt, zwar keine erfolglose Abmahnung oder Fristsetzung (vgl. BGH, Urteil vom 28.11.2007 -VIII ZR 145/07). Die Abmahnung oder Fristsetzung kann aber dennoch auch im Rahmen des § 573 Abs.2 Nr.1 BGB eine entscheidende Rolle spielen. Ist der Mieter vom Vermieter nicht erfolglos abgemahnt worden und ist ihm auch keine Frist gesetzt worden, innerhalb derer er sein vertragswidriges Verhalten einzustellen hat, kann dies dazu führen, dass die Pflichtverletzung des Mieters nicht die gem. § 573 Abs.2 Nr.1 BGB erforderliche Erheblichkeit aufweist. Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 28.11.2007 ausführt, kann erst die Missachtung einer Abmahnung durch den Mieter dessen Pflichtverletzung das für die ordentliche Kündigung erforderliche Gewicht verleihen.

Beachte: Das Erfordernis der Abmahnung kann zwar durch eine Individualvereinbarung, nicht aber formularvertraglich zu Gunsten des Vermieters abbedungen werden. Eine entsprechende Formularklausel wäre gem. § 309 Nr.4 BGB unwirksam.

II. Unter diesen Umständen ist eine Abmahnung entbehrlich

Wie von vielen anderen Grundsätzen gibt es auch von dem Erfordernis, vor der Ausübung bestimmter Rechte eine erfolglose Abmahnung aussprechen zu müssen, Ausnahmen. Anders als es § 543 Abs.3 S.2 BGB für die außerordentliche fristlose Kündigung tut, nennt § 541 BGB keine ausdrücklichen Ausnahmetatbestände, bei denen es vor der Geltendmachung des Unterlassungsanspruches keiner vorherigen erfolglosen Abmahnung bedarf. Mit Ausnahme des § 543 Abs.3 S.2 Nr.3 BGB gelten die folgenden Ausnahmen aber dennoch gleichermaßen sowohl für die außerordentliche fristlose Kündigung als auch den auf § 541 BGB gestützten Unterlassungsanspruch (vgl. Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 541 BGB Rn. 8).

=> Kündigt der Vermieter gem. §§ 543 Abs.2 S.1 Nr.3, 569 Abs.3 Nr.1 BGB außerordentlich fristlos wegen Zahlungsverzugs des Mieters, bedarf es gem. § 543 Abs.3 S.2 Nr.3 BGB weder einer vorherigen erfolglosen Abmahnung noch muss eine Abhilfefrist erfolglos verstreichen. Nicht zum Tragen kommt dieser Ausnahmetatbestand allerdings dann, wenn sich dem Vermieter der Schluss aufdrängen muss, dass die Nichtzahlung der Miete nicht auf Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit, sondern auf einem Versehen beruht (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. 03. 2004 – 10 U 109/03).

=> Ebenfalls entbehrlich ist eine Abmahnung, wenn sie offensichtlich keinen Erfolg verspricht (vgl. § 543 Abs.3 S.2 Nr.1 BGB). Dies ist z. B. dann der Fall, wenn

  • der Mieter durch seine Pflichtverletzung einen Zustand geschaffen hat, der nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (vgl. Bieber, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, § 543 BGB Rn. 65),
  • der Mieter die Einstellung einer noch andauernden Pflichtverletzung oder das Unterlassen einer künftigen Pflichtverletzung ernsthaft und endgültig verweigert hat (vgl. Bieber aaO),

=> Einen weiteren Ausnahmetatbestand nennt § 543 Abs.3 S.2 Nr.2 BGB, wonach es keiner Abmahnung bedarf, wenn die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. Von diesem generalklauselartigen Tatbestand werden insbesondere solche Fälle erfasst, in denen das Fehlverhalten des Mieters die Vertrauensgrundlage in so schwerwiegender Weise erschüttert hat, dass diese auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wieder hergestellt werden kann (vgl. OLG Düsseldorf,Urteil vom 07. 10. 2004 – 10 U 70/04-, sowie Bieber aaO, wonach dies allerdings ein Fall des § 543 Abs.3 S.2 Nr.1 BGB ist).

Wichtig:

Abgesehen von dem Ausnahmetatbestand des § 543 Abs.3 S.2 Nr.3 BGB ist es oft eine Wertungsfrage, ob die Voraussetzungen für eine Entbehrlichkeit der Abmahnung vorliegen oder nicht. Um kein Risiko einzugehen, sprechen viele Vermieter in Zweifelsfällen daher oft erst einmal eine Abmahnung aus, auch wenn sie erwägen, wegen eines vertragswidrigen Verhaltens des Mieters noch weitere Rechte geltend zu machen. Die Entscheidung, trotz (möglicherweise) bestehenden sofortigen Kündigungsrechts erst einmal nur eine Abmahnung auszusprechen, sollte nicht voreilig getroffen werden. Der Vermieter muss sich in diesem Fall nämlich im Klaren darüber sein, dass die Pflichtverletzung des Mieters allein dann nicht mehr für eine weitere Sanktion herangezogen werden kann, insbesondere nicht für eine Kündigung des Mietverhältnisses (vgl. AG Hamburg, Urteil vom 15.07.2016 – 46 C 144/16). Wurde eine Pflichtverletzung bereits durch eine Abmahnung geahndet, ist sie als alleiniger Kündigungsgrund verbraucht. Eine Kündigung, die allein mit einem bereits abgemahnten Verhalten des Mieters begründet wird, ist daher unwirksam (vgl. LG Berlin, Urteil vom 22.02.2000 – 64 S 418/99). Dies gilt auch dann, wenn es keiner Abmahnung bedurft hätte, der Vermieter sie aber dennoch ausgesprochen hat. Eine Kündigungsmöglichkeit besteht erst wieder, wenn der Mieter eine neue Pflichtverletzung begeht, bei der es sich – sofern eine Abmahnung nicht entbehrlich ist – um eine gleichartige Pflichtverletzung handeln muss. Da auch eine (wegen fehlender vorheriger Abmahnung) unwirksame Kündigung grds. in eine Abmahnung umgedeutet werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 07.09.2011 – VIII ZR 345/10), ist es u. U. also auch bei Zweifeln hinsichtlich der Entbehrlichkeit der Abmahnung ratsam, sofort zu kündigen.

III. Die Abmahnung – Was Vermieter beachten sollten

Viele Abmahnungen verfehlen ihre Wirkung, weil dem Vermieter bei ihrer Ausgestaltung Fehler unterlaufen. Derartige Fehler sind vermeidbar. Folgendes sollte jeder Vermieter beachten:

1. Form und Inhalt der Abmahnung

Die Abmahnung ist zwar -sofern die Mietparteien nichts Gegenteiliges vereinbart haben- an keine bestimmte Form gebunden. Sie kann daher auch mündlich, per E-Mail, per SMS, per WhatsApp oder per Fax ausgesprochen werden. Jedem Vermieter ist dennoch insbesondere aus Beweisgründen zu raten, die Abmahnung schriftlich auszusprechen. Kommt es zwischen den Mietparteien zum Streit darüber, ob der Vermieter eine Abmahnung ausgesprochen hat, trägt nämlich der Vermieter die Beweislast.

Weitaus größeres Fehlerpotential birgt allerdings der Inhalt der Abmahnung. Hier ist zu beachten, dass in der Abmahnung das Verhalten, das der Vermieter als vertragswidrig ansieht, so genau beschrieben werden muss, dass der Mieter sich danach richten kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. 11. 1999 – III ZR 168/98). Der Vermieter muss die beanstandete Pflichtverletzung genau schildern und den Mieter auffordern, sein vertragswidriges Verhalten einzustellen bzw. in Zukunft zu unterlassen oder einen vertragwidrigen Zustand zu beseitigen. Allgemeine Ausführungen, die z.B. lauten, der Mieter habe seine Pflichten aus dem Mietvertrag verletzt und solle sich in Zukunft vertragsgemäß verhalten, genügen nicht. Hat der Mieter z. B. den Hausfrieden gestört, sollte der Vermieter – soweit möglich- die einzelnen Störungen mit Datum und Uhrzeit versehen detailliert auflisten.

Hat der Mieter durch sein Verhalten oder Unterlassen einen vertragswidrigen fortdauernden Zustand geschaffen, empfiehlt es sich, dem Mieter eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb derer er diesen Zustand zu beseitigen hat.

Nicht einheitlich beurteilt wird die Frage, ob der Vermieter, der später kündigen möchte,  in seiner Abmahnung bereits die Kündigung für den Fall androhen muss, dass der Mieter sein vertragswidriges Verhalten fortsetzt (sog. qualifizierte Abmahnung). Nach der (maßgeblichen) Ansicht des BGH ist dies zwar nicht erforderlich. Vielmehr ist es nach einem Urteil des BGH vom 12. 10. 2011 − VIII ZR 3/11- , das zu § 314 Abs.2 BGB erging, ausreichend, aber auch erforderlich, dem Mieter deutlich zu machen, dass ihm im Falle eines weiteren Vertragsverstoßesvertragliche Konsequenzen drohen. Da es zum einen nicht ausgeschlossen ist, dass das -zumindest bei Wohnraummietverhältnissen- in erster Instanz zuständige Amtsgericht (vgl. § 23 Nr.2a GVG) anders entscheidet und die Androhung einer Kündigung für erforderlich hält (so z. B. das AG Hamburg-Altona mit Urteil vom 26. 04. 2002 – 318 A C 327/01), und die Androhung einer Kündigung der Abmahnung zum anderen mehr Nachdruck verleiht, ist dem Vermieter allerdings zu raten, die Androhung der Kündigung mit in das Abmahnschreiben aufzunehmen.

Entsprechendes gilt für die Androhung der Unterlassungsklage, wenn der Vermieter es sich offen halten möchte, später von seinem Recht aus § 541 BGB Gebrauch zu machen.

Droht der Vermieter in seiner Abmahnung für den Fall eines weiteren oder fortdauernden Vertragsverstoßesallerdings nur die Erhebung einer Unterlassungsklage, nicht aber die Kündigung an, soll nach einem Urteil des AG Hamburg – Altona vom 26. 04. 2002 – 318 A C 327/01- eine Kündigung wegen unzureichender Abmahnung unwirksam sein. In diesem Fall könne der Mieter – so das AG Hamburg – Altona – davon ausgehen, dass ihm als einzige Konsequenz eine Unterlassungsklage drohen würde, nicht jedoch die Beendigung des Mietverhältnisses.Vergleichbar urteilte das OLG Hamm mit Urteil vom 25.09.1990 – 7 U 48/90- in einem Fall, in dem die Ersatzvornahme, aber keine Kündigung angedroht wurde, und entschied, die fristlose Kündigung sei wegen widersprüchlichen Verhaltens gem. § 242 BGB unwirksam. Der BGH hingegen lies die Frage, ob dann, wenn mit der Abmahnung bzw. Fristsetzung eine andere Maßnahme als die außerordentliche fristlose Kündigung angedroht wird, die Kündigung wegen eines darin liegenden widersprüchlichen Verhaltens (vgl. § 242 BGB) erst nach erneuter Abmahnung bzw. Fristsetzung möglich ist, mit Urteil vom 13.06. 2007 – VIII ZR 281/06- wegen mangelnder Entscheidungserheblichkeit offen.

Wichtig:

Droht der Vermieter dem Mieter in seiner Abmahnung die Kündigung für den Fall einer erneuten Vertragsverletzung an, kündigt dann aber nicht, wenn dieser Fall eintritt, sondern spricht eine weitere Abmahnung aus, kann dies- zumindest dann, wenn dies bei gleichartigen Vertragsverletzungen mehrfach hintereinander geschieht – für den Vermieter den Verlust seines Kündigungsrechts zur Folge haben. Die Abmahnung kann dann nämlich ihre Warnfunktion verlieren (vgl. BAG, Urteil vom 27. 09. 2012 – 2 AZR 955/11 – zur Abmahnung im Arbeitsrecht) und beim Mieter kann der berechtigte Eindruck entstehen, der Vermieter sanktioniere entsprechende Pflichtverletzungen trotz in Aussicht gestellter Kündigung stets nur mit einer Abmahnung. Kommt es dann doch zu einer Kündigung, kann sich diese wegen widersprüchlichen Verhaltens des Vermieters gem. § 242 BGB als rechtsmissbräuchlich, und damit unwirksam erweisen. Einen Ausweg aus diesem Dilemma kann der Vermieter dadurch finden, dass er diejenige Abmahnung, die der Kündigung vorausgeht, ausdrücklich als „letzte Abmahnung“ bezeichnet (vgl. BAG, Urteil vom 15. 11. 2001 – 2 AZR 609/00- zur arbeitsrechtlichen Abmahnung).

 2. Adressat der Abmahnung und Zugang

Die Frage, wem gegenüber die Abmahnung ausgesprochen werden muss und wem sie zugehen muss, erlangt vor allem dann Bedeutung, wenn auf der Mieterseite mehrere Personen beteiligt sind, oder wenn ein am Vertrag nicht beteiligter Dritter eine Störung verursacht.

Sind mehrere Personen Mieter und soll durch die Abmahnung eine der Voraussetzungen für eine fristlose oder ordentliche Kündigung gem. § 543 BGB bzw. § 573 Abs.2 Nr.1 BGB geschaffen werden, muss die Abmahnungallen Mietern gegenüber ausgesprochen werden. Dies gilt auch dann, wenn nur einer von mehreren Mietern dieVertragsverletzung begangen hat. Der Grund hierfür liegt darin, dass auch die spätere Kündigung allen Mietern gegenüber ausgesprochen werden muss und auch kann, denn die anderen Mieter müssen sich das Verhalten des störenden Mieters zurechnen lassen (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 30.07.2013 – 9 S 57/13).

Nicht einheitlich beurteilt wird die Frage, an wen die Abmahnung zu richten ist, hingegen dann, wenn durch die Abmahnung die Voraussetzung für die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs gem. § 541 BGB geschaffen werden soll. Teilweise wird vertreten, der Vermieter habe dann, wenn nur einer von mehreren Mietern die Vertragsverletzung begangen hat, ein Wahlrecht, ob er die Abmahnung nur gegenüber dem störenden Mieter oder gegenüber allen Mietern erklärt (vgl. Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht § 541 BGB Rn. 7). Wird die Abmahnung nur gegenüber dem störenden Mieter erklärt, kann dann aber auch nach dieser Ansicht die Unterlassungsklage nur gegenüber dem abgemahnten Mieter erhoben werden.

Nach anderer Ansicht bedarf es hingegen auch dann, wenn nur einer von mehreren Mietern die Vertragsverletzung begangen hat, einer an alle Mieter adressierten Abmahnung (vgl. Schläger, ZMR 1991, 41 (42)).

Um kein Risiko einzugehen, ist jedem Vermieter daher zu raten, die Abmahnung immer an alle Mieter zu adressieren.
Hat ein am Vertrag nicht beteiligter Dritter – z. B. ein Besucher des Mieters- die Störung verursacht, muss bzw. müssen dennoch der / die Mieter abgemahnt werden.

Beachte:

Sind auf der Vermieterseite mehrere Personen beteiligt, muss die Abmahnung von allen Vermietern ausgesprochen werden. Stellvertretung ist zwar zulässig. In diesem Fall sollte der Abmahnung jedoch eine Vollmachtsurkunde im Original beigefügt werden. Geschieht dies nicht, kann der Mieter die Abmahnung nämlich gem. §174 BGB zurückweisen, wenn dies unverzüglich geschieht.

Auch der Zugang der Abmahnung muss bei einer Mietermehrheit gegenüber allen Mietern erfolgen, die Adressat der Abmahnung sein müssen bzw. sollen. Wohnen alle Mieter in derselben (gemieteten) Wohnung, genügt es, ein einziges an alle Mieter gerichtetes Abmahnschreiben zu verfassen. Die Abmahnung wird dann gegenüber allen Mietern wirksam, wenn die Erklärung in den Briefkasten eingeworfen oder einem der Mieter übergeben wird (vgl. BGH, Beschluss vom 10.09.1997 – VIII ARZ 1/97). Die Mitmieter sind nämlich füreinander Empfangsboten. Der Zugang an einen Mieter führt dazu, dass die Mitmieter die Möglichkeit der Kenntnisnahme erhalten. Damit ist für jeden der Mieter die Zugangsvoraussetzung erfüllt. (vgl. BGH, Beschluss vom 10.09.1997 – VIII ARZ 1/97).

Anders verhält es sich hingegen, wenn die Mieter in verschiedenen Wohnungen wohnen, was z. B. nach einer Trennung und dem daraus resultieren Auszug eines Mieters, aber auch dann der Fall sein kann, wenn z. B. Eltern zur Sicherheit des Vermieters Mitmieter sind. In einem solchen Fall müssen – sofern keine Bevollmächtigung zum Empfang von Willenserklärungen erfolgt ist (vgl. dazu die Ausführungen weiter unten)- zwei bzw. mehrere Abmahnschreiben verfasst werden und sichergestellt werden, dass die Schreiben derart in den Machtbereich des jeweiligen Mieters gelangen, dass diese die zumutbare Möglichkeit der Kenntnisnahme haben.

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass es eines Zugangs bei allen Mietern bedarf, macht der  BGH allerdings in Fällen, in denen einem Mieter, der bereits vor langer Zeit ausgezogen ist, nur noch die nicht mehr gelebte und schutzwürdige Belange nicht mehr tangierende, rein formale Position eines Mieters zukommt (vgl. BGH, Hinweisbeschluss vom 14. 09. 2010 – VIII ZR 83/10).

Praxistipp für Vermieter:

Werden Mieter getrennt abgemahnt, sollten die jeweiligen Abmahnschreiben den Mietern in einem engen zeitlichen Zusammenhang zugehen. Zumindest für getrennte Kündigungen gegenüber mehreren Mietern wird nämlich verbreitet gefordert, dass diese den Mietern zeitnah hintereinander zugehen (vgl. LG München I, Urteil vom 24.02.1999 – 14 S 18218/98).

In vielen Formularmietverträgen sind Klauseln enthalten, wonach mehrere Mieter sich gegenseitig zur Entgegennahme von Erklärungen bevollmächtigen, die das Mietverhältnis betreffen. Derartige Klauseln sind grds. wirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 10.09.1997 – VIII ARZ 1/97).

Wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters gem. § 307 BGB unwirksam ist hingegen eine Formularklausel, die nicht nur durch eine Empfangsvollmacht den Zugang regelt, sondern durch die eine Erklärungsfiktion geschaffen wird, die es dem Vermieter ermöglicht, eine Willenserklärung, die an sich allen Mietern gegenüber abzugeben bzw. an alle Mieter zu adressieren ist, nur gegenüber einem Mieter abzugeben (vgl. LG  München I, Endurteil vom 12.10.2016 – 14 S 6395/16; offen gelassen allerdings von BGH, Urteil vom10.12.2014 – VIII ZR 25/14 ).

Beachte: Ist der Mieter geschäftsunfähig und ist für ihn ein Betreuer bestellt (vgl. §§ 1896 ff. BGB), wird die Abmahnung gem. § 131 Abs.1 BGB erst dann wirksam, wenn sie dem Betreuer zugeht. Adressat der Abmahnung bleibt allerdings trotz des Erfordernisses des Zugangs beim Betreuer der Mieter.

Den Vermieter trifft die Beweislast für den Zugang der Abmahnung. Da es nicht selten vorkommt, dass Mieter den Zugang bestreiten, sollte der Vermieter Vorkehrungen dafür treffen, dass er den Beweis später im Streitfall erbringen kann. Dies kann im günstigsten Fall derart geschehen, dass eine am Mietvertrag nicht beteiligte Person als Bote fungiert und das Abmahnschreiben, von dessen Inhalt der Bote Kenntnis genommen haben sollte, dem Mieter persönlich übergibt und sich den Empfang quittieren lässt. Ist der Mieter nicht anzutreffen oder weigert er sich, die Abmahnung entgegen zu nehmen, kann der Bote das Abmahnschreiben in den Hausbriefkasten des Mieters werfen. In einem späteren Rechtsstreit kann der Bote dann als Zeuge aussagen und bezeugen, dass er dem Mieter      das Abmahnschreiben übergeben oder es in den Briefkasten geworfen hat.

Wird das Abmahnschreiben auf dem Postwege übermittelt, ist es selbst dann, wenn sich der Vermieter eines Einschreibens bedient, nicht garantiert, dass der Beweis für den Zugang erbracht werden kann. Nähere Einzelheiten zum Beweiswert von Einschreiben können Sie in unserem Beitrag „Nebenkostenabrechnung nachweisbar zustellen – Die besten Vermietertipps“ nachlesen.

3. Zeitpunkt der Abmahnung

Eine Frist, innerhalb derer der Vermieter die Abmahnung aussprechen muss, gibt es nicht. Weder § 314 Abs.3 BGB noch § 626 Abs.2 BGB, die Fristen für den Ausspruch der fristlosen Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses bzw. Arbeitsverhältnisses vorsehen, sind entsprechend anwendbar. Das Recht des Vermieters, infolge einer Vertragsverletzung des Mieters eine Abmahnung auszusprechen, kann jedoch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) verwirkt sein, wenn der Vermieter es eine längere Zeit nicht ausübt, obwohl er von den Umständen, die ihn zur Abmahnung berechtigen, Kenntnis hat. Durch Zeitablauf allein tritt allerdings keine Verwirkung ein. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Vermieters beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Mieters rechtfertigen, der Vermieter werde sein Recht nicht mehr geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2018 – XII ZR 5/18). Außerdem wird zum Teil gefordert, dass sich der Mieter im Vertrauen auf das Verhalten des Vermieters so eingerichtet haben muss, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.2014 – VII ZR 177/13- zur Verwirkung des Anspruchs auf Rückerstattung eines überzahlten Architektenhonorars).

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, muss in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände ermittelt werden. Dem Vermieter ist in jedem Fall zu raten, die Abmahnung zeitnah, nachdem er von der Vertragsverletzung des Mieters Kenntnis erlangt hat, auszusprechen. Die Schnelligkeit darf allerdings nicht auf Kosten der Genauigkeit gehen. Wie bereits unter III.1. dargelegt, steht und fällt die Wirksamkeit der Abmahnung nämlich mit der hinreichend konkreten Beschreibung des abzumahnenden Verhaltens bzw. Zustandes.

IV. Der Mieter wehrt sich gegen die Abmahnung – Was Vermieter wissen sollten

Viele Mieter sehen eine ihnen gegenüber ausgesprochene Abmahnung als ungerechtfertigt an und verlangen nicht selten vom Vermieter deren Beseitigung. Manche Mieter gehen sogar soweit, dies gerichtlich einzuklagen oder drohen zumindest mit einer entsprechenden Klage. Einer solchen Klage kann der Vermieter gelassen entgegen sehen. Anders als im Arbeitsrecht, hat der Mieter gegen den Vermieter nämlich keinen Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung einer von ihm als unberechtigt erachteten Abmahnung (vgl. BGH, Urteil vom 20. 02. 2008 – VIII ZR 139/07). Auch eine Klage auf Feststellung, dass eine vom Vermieter erteilte Abmahnung unberechtigt war, hat keinen Erfolg, da sie bereits unzulässig ist (vgl. BGH aaO).

Dass der Mieter keinen Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung einer Abmahnung hat und die Abmahnung auch nicht isoliert gerichtlich angreifbar ist, bedeutet allerdings keinesfalls, dass diese einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich ist. Besteht z. B. in einem Räumungsprozess Streit darüber, ob der Vermieter wirksam gekündigt hat, wird sowohl überprüft, ob eine die Abmahnung rechtfertigende Pflichtverletzung des Mieters vorliegt als auch einer Prüfung unterzogen, ob eine ordnungsgemäße Abmahnung vorliegt.

Um eine langwierige Auseinandersetzung, die ggf. vor Gericht endet, von vornherein zu verhindern, ist dem Vermieter grds. immer zu raten, das persönliche Gespräch mit dem Mieter zu suchen und auf diese Weise die Wogen zu glätten. Dies kann Wunder wirken und nicht selten kann hierdurch eine gerichtliche Auseinandersetzung verhindert werden.

V. Fazit und Zusammenfassung

  1. Möchte der Vermieter seinem Mieter wegen vertragswidrigen Verhaltens außerordentlich fristlos kündigen oder ihn auf Unterlassung eines vertragswidrigen Verhaltens bzw. Beseitigung eines vertragswidrigen Zustandes in Anspruch nehmen, muss dem in der Regel eine erfolglose Abmahnung oder Fristsetzung vorausgehen. Auch bei einer ordentlichen fristgerechten Kündigung, für die das Gesetz keine erfolglose Abmahnung fordert, kann es vorkommen, dass erst die Missachtung einer Abmahnung durch den Mieter dessen Pflichtverletzung das für die ordentliche Kündigung erforderliche Gewicht verleiht.
  1. Die Abmahnung ist entbehrlich wenn,
    • der Vermieter gem. §§ 543 Abs.2 S.1 Nr.3, 569 Abs.3 Nr.1 BGB außerordentlich fristlos wegen Zahlungsverzugs des Mieters kündigt,
    • eine Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,
    • die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt ist. 
  1. Die Abmahnung bedarf keiner bestimmten Form, sollte insbesondere aus Beweisgründen aber dennoch schriftlich erfolgen.
  1. In der Abmahnung muss der Vermieter die beanstandete Pflichtverletzung so genau wie möglich schildern und den Mieter auffordern, sein vertragswidriges Verhalten einzustellen bzw. in Zukunft zu unterlassen oder einen vertragwidrigen Zustand zu beseitigen. Der Androhung einer Kündigung bzw. Unterlassungsklage für den Fall, dass der Mieter sein vertragswidriges Verhalten fortsetzt, bedarf es nach überwiegender Auffassung zwar nicht. Es genügt die allgemeine Inaussichtstellung vertraglicher Konsequenzen. Nicht zuletzt, um der Abmahnung mehr Nachdruck zu verleihen, ist es jedoch ratsam, die Androhung der Kündigung bzw. Unterlassungsklage mit in das Abmahnschreiben aufzunehmen.
  1. Sind am Mietverhältnis mehrere Mieter beteiligt und mahnt der Vermieter ab, um die Voraussetzungen für eine außerordentliche fristlose Kündigung zu schaffen, muss die Abmahnung auch dann allen Mietern gegenüber ausgesprochen werden und allen Mietern zugehen, wenn nur einer oder einzelne Mieter die Vertragsverletzung begangen haben. Spricht der Vermieter eine Abmahnung i. S. d. § 541 BGB aus, um später eine Unterlassungsklage erheben zu können, ist es umstritten, ob die Abmahnung auch dann gegenüber allen Mietern ausgesprochen werden und allen Mietern zugehen muss, wenn der Vermieter nur den bzw. die einzelnen Mieter verklagen will, die die Vertragsverletzung begangen haben. 
  1. Der Vermieter trägt die Beweislast für den Zugang der Abmahnung beim Mieter. Um die Voraussetzungen zu schaffen, diesen Beweis im Streitfall führen zu können, empfiehlt es sich, das Abmahnschreiben durch einen am Mietvertrag nicht beteiligten Boten, der vom Inhalt der Abmahnung Kenntnis genommen hat, dem Mieter persönlich übergeben und sich den Empfang quittieren zu lassen. Ist der Mieter nicht anzutreffen oder weigert er sich, die Abmahnung entgegen zu nehmen, sollte der Bote das Abmahnschreiben in den Hausbriefkasten des Mieters werfen.
  1. Um keine Verwirkung zu riskieren, ist dem Vermieter zu raten, die Abmahnung zeitnah, nachdem er von der Vertragsverletzung des Mieters Kenntnis erlangt hat, auszusprechen.
  1. Der Mieter hat gegen den Vermieter keinen Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung einer von ihm als unberechtigt erachteten Abmahnung. Eine Klage auf Feststellung, dass eine Abmahnung des Vermieters unberechtigt ist, ist sogar unzulässig.

2 Antworten auf "Mieter richtig abmahnen: Ratgeber für Vermieter"

  • H. Bauer
    08.05.2024 - 11:23 Antworten

    Sehr geehrter Herr Hundt, ich habe zum 1.12.23 eine große Wohnung an ein Pärchen mit
    Kind (Syrer und Tschechin) vermietet. Die Frau ist mit dem Kind nach einem Streit ausgezogen,
    der Mann möchte weiterhin in der Wohnung bleiben und seinen Bruder aufnehmen.
    Da ich damit nicht einverstanden bin, habe ich mitgeteilt, daß die Wohnung von beiden
    Mietern zu kündigen ist. Das ist bis jetzt nicht geschehen, ich vermute, daß der Bruder
    zwischenzeitlich eingezogen ist, jedoch bei seinen Eltern gemeldet ist.
    Welche Möglichkeiten habe ich, um das Mietverhältnis zu beenden?
    Vielen Dank schon mal im voraus und freundliche Grüße – H. Bauer

    • Mietrecht.org
      08.05.2024 - 13:43 Antworten

      Hallo H. Bauer,

      die unerlaubte Untervermietung kann zur Kündigung führen, ist aber schwer nachzuweisen. Eine schwierige Situation, die Sie als Vermieter bei cleveren Verhalten des Mieter kaum ändern können.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

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