Ein Vermieter will dem Mieter kündigen und stellt fest, dass der Mieter unkündbar ist. Wie kann das sein? Können Vermieter Mietverträge nicht immer irgendwie kündigen? — Nein, das können Sie nicht: Neben dem mietrechtlichen Kündigungsschutz für Mieter, der eine Vermieterkündigung an bestimmte Kündigungsvoraussetzungen knüpft, gibt es auch Fälle von unkündbaren Mietern. Die wichtigsten Fälle sind: das lebenslange Wohnrecht, ein Kündigungsausschluss, ein Härtefall-Mieter und der fehlende Kündigungsgrund.
Der nachfolgende Artikel erklärt, wann ein Mieter unkündbar ist und gibt anschauliche Beispiele aus der Praxis.
Inhalt: Wann ist ein Mieter unkündbar? Überblick mit Beispielen
I. Unkündbarkeit bei lebenslangem Wohnrecht
II. Unkündbarkeit bei Mietvertrag auf Lebenszeit
III. Unkündbarkeit durch Kündigungsverzicht
IV. Unkündbarkeit wegen Härtefall-Mieter
I. Unkündbarkeit bei lebenslangem Wohnrecht
Ein Mieter ist unkündbar, wenn er an einer Wohnung oder an einem Wohnhaus ein lebenslanges Wohnrecht hat. Das gilt zumindest immer dann, wenn es sich um ein dingliches Wohnrecht handelt, dass im Grundbuch eingetragen ist und es keine besonderen vertraglichen Vereinbarungen zu einer Kündigungsmöglichkeit gibt. Es besteht in diesen Fällen in der Regel auch kein Mietvertrag, denn ein schuldrechtliches Mietverhältnis liegt nicht vor.
Beendet wird ein dingliches lebenslanges Wohnrecht grds. nur durch einen gesetzlichen Aufhebungsakt wir z.B. die Zwangsversteigerung oder dann, wenn die Nutzung tatsächlich und rechtlich nicht mehr möglich ist, wie z.B. beim Tod des Berechtigten. Lesen Sie dazu den Spezialbeitrag: Ratgeber: Mietvertrag auf Lebenszeit / Lebenslanges Wohnrecht.
Beispiel: Lebenslanges Wohnrecht
Der Vermieter V kauft ein Zweifamilienhaus, mit zwei separaten Wohnungen — eine im Obergeschoss und eine im Erdgeschoss. Im Grundbuch ist zu Gunsten des älteren Ehepaares A im Obergeschoss ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht eingetragen. Vermieter V vermietet die Erdgeschosswohnung. Zunächst bestehen keine Probleme, aber seitdem die Mieter des V einen Hund bekommen haben, gibt es ständig Streit zwischen seinen Mietern und dem älteren Ehepaar. V überlegt, ob es nicht eine Möglichkeit gibt dem Ehepaar zu kündigen.
–> V hat keine rechtliche Möglichkeit dem Ehepaar zu kündigen. Ein dingliches Wohnrecht ist auch für den Erwerber eines Wohnhauses bindend. Die Nutzungsberechtigten des Wohnrechts sind unkündbar.
II. Unkündbarkeit bei Mietvertrag auf Lebenszeit
Ein Mietvertrag auf Lebenszeit kann ebenfalls dazu führen, dass ein Mieter unkündbar ist. Das gilt insbesondere bei einem Mietvertrag auf Lebenszeit bei dem Miete zu zahlen ist. Ein solcher Mietvertrag gilt nach dem Bundesgerichtshof (BGH) als befristeter Mietvertrag — die Befristungszeit ist lebenslang (BGH, Urteil vom 13.10.2010, Az.: VIII ZR 98/10). Wichtig ist, dass in diesem Fall regelmäßig keine absolute Unkündbarkeit vorliegt, denn bei befristeten Verträgen ist grds. nur die ordentliche Kündigung während der Befristung ausgeschlossen. Nach § 542 Abs. 2 BGB kann ein Mietverhältnis, das auf bestimmte Zeit eingegangen ist, durch außerordentliche Kündigung oder ein gesetzliches Sonderkündigungsrecht beendet werden. Die außerordentliche Kündigung nach §§ 543, 569 BGB verlangt einen wichtigen Grund für eine Kündigung, wie z.B. ein Fehlverhalten des Mieters. Sonderkündigungsrechte bestehen allerdings meist nur für den Mieter (vgl. die Sonderkündigungsrechte des Mieters) und das einzige Sonderkündigungsrecht für den Vermieter, dass diesem ein außerordentliches Kündigungsrecht für Mietverträge nach einer Vertragslaufzeit von 30 Jahren einräumt (§ 544 BGB), ist für alle Mietverträge auf Lebenszeit ausgeschlossen.
Handelt es sich allerdings um einen Mietvertrag auf Lebenszeit, bei dem der Mieter keine Gegenleistung erbringt, wie eine Mietzahlung oder Dienstleistung, liegt rechtlich keine Miete vor, sondern eine Leihe und diese kann jederzeit von dem Entleiher beendet werden. Dazu mehr in: Ratgeber: Mietvertrag auf Lebenszeit / Lebenslanges Wohnrecht.
Beispiel: Mietvertrag auf Lebenszeit
Mieter A bewohnt seit 25- Jahren eine Zwei-Zimmerdachgeschosswohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Münchner Innenstadt. Der Mietvertrag ist auf Lebenszeit befristet und beinhaltet auch eine sehr geringe Mietzahlung im Vergleich zum Mietspiegel. Der neue Eigentümer des Mehrfamilienhauses will A nun die Wohnung kündigen, damit seine Tochter diese beziehen kann. Er plant eine Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB aussprechen.
–> Vermieter V kann dem Mieter A nicht kündigen, denn dieser ist ordentlich unkündbar. Die ordentliche Kündigung ist damit auch bei Vorliegen eines berechtigten Interesses zur Kündigung nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Es ist nur eine außerordentliche Kündigung möglich. Ein wichtiger Grund für eine Kündigung ist aber nicht ersichtlich.
III. Unkündbarkeit durch Kündigungsverzicht
Ist mietvertraglich ein Kündigungsverzicht vereinbart, ist in der Regel nur die ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Eine außerordentliche Kündigung und eine Kündigung aufgrund eines Sonderkündigungsrechts bleiben möglich. Der Mieter ist damit lediglich ordentlich unkündbar.
Beispiel: Kündigung trotz Kündigungsverzicht
Mieter M mietet ab 01.01.2019 von Vermieter V eine Drei- Zimmerwohnung. Es wird ein gegenseitiger Kündigungsverzicht von 4 Jahren vereinbart. Die ordentliche Kündigung ist daher bis zum 31.12.2022 ausgeschlossen. Am 15.11.2021 wird dem Vermieter V vom Hausmeister des Hauses mitgeteilt, dass Fahrräder im hauseigenen Fahrradkeller verschwinden. Er erhält entsprechende Beschwerden von den Mietern A und B, die Mieter M des Diebstahls verdächtigen und polizeilich Anzeige erstattet haben. Am 20.12.2021 wird in eine Wohnung im Haus eingebrochen, die Polizei nimmt als Tatverdächtigen Mieter M fest. Dieser gesteht die Tat am 23.12.2021 und wird mangels Fluchtgefahr wieder frei gelassen. V will M kündigen.
–> Der Vermieter V kann dem Mieter M außerordentlich kündigen, durch die Begehung von Straftaten im Wohnhaus liegt eine solch schwerwiegende Pflichtverletzung vor, die eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar macht. M kann sich im Rahmen der außerordentlichen Kündigung nicht darauf berufen, dass er ordentlich unkündbar ist.
Weitere Einzelheiten zum Thema Kündigungsverzicht finden Sie in dem Artikel: Maximaler Kündigungsverzicht im Mietvertrag: 4 Jahre.
IV. Unkündbarkeit wegen Härtefall Mieter
Eine Unkündbarkeit kann sich faktisch auch daraus ergeben, dass der Mieter (dauerhaft) als sozialer Härtefall nach § 574 BGB eingestuft wird und nach Widerspruch die Fortsetzung des Mietverhältnisses trotz wirksamer Kündigung gemäß § 574a BGB verlangen kann. Das gilt allerdings nur im Rahmen von ordentlichen Kündigungen.
Ein sozialer Härtefall liegt in der Regel vor, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Das ist u.a. auch der Fall, wenn angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann. Mehr zu den Voraussetzungen eines sozialen Härtefalls erklärt der Artikel: : Mietrecht: Was bedeutet Sozialklausel oder auch Härteklausel?
Liegen diese Voraussetzungen vor, kann der Mieter verlangen, dass das Mietverhältnis so lange fortgesetzt wird, bis die Umstände wegfallen, auf Grund derer die Beendigung des Mietverhältnisses eine Härte bedeutet. Ist dieser Zeitpunkt ungewiss, kann ein Gericht bestimmen, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird.
Das führt für den Vermieter dazu, dass der Mieter faktisch unkündbar ist, da eine ordentliche Kündigung wegen der Härtefallregelung trotz Wirksamkeit nicht zumutbar ist.
Beispiel: Härtefall wegen Schwerbehinderung
Mieter R bewohnt seit 8 Jahren eine Erdgeschosswohnung in einem Mehrfamilienhaus an der Regensburger Donau. Seit einem Autounfall vor 5 Jahren ist er querschnittsgelähmt. Die Mietwohnung wurde daher vor vier Jahren vollständig auf seine Bedürfnisse angepasst und barrierefrei umgebaut. Nach einem Verkauf des Mehrfamilienhauses will der neue Vermieter dem R kündigen, im diese seinem Sohn zur Verfügung zu stellen.
–> Eine Eigenbedarfskündigung des Vermieters V ist zwar grds. wirksam, der Mieter R kann hier aber aufgrund seiner Schwerbehinderung der Kündigung widersprechen und die Fortsetzung des Mietvertrages wegen einem Härtefall verlangen. Das gilt z.B. für den Fall, dass er keine angemessene Wohnung für sich findet. Solange dies der Fall ist, ist das Mietverhältnis trotz Kündigung fortzusetzen.
Lesen Sie dazu auch: Eigenbedarf bei schwerbehinderten Mietern – Rechte des Vermieters vs. Schutz des Mieters.
V. Unkündbarkeit wegen fehlendem Kündigungsgrund
Ein Mieter kann für einen Vermieter dann unkündbar sein, wenn er keinen rechtlich wirksamen Kündigungsgrund hat, um den Mietvertrag rechtlich wirksam zu beenden. Zwar ist eine tatsächlich rechtlich wirksame Unkündbarkeit in diesem Fall nicht gegeben, weil es nicht auszuschließen ist, dass irgendwann einmal ein Kündigungsgrund vorliegt, aber für Vermieter kann sich das wie eine Unkündbarkeit anfühlen.
Beispiel: Der unbeliebte Mieter
Der Vermieter eines Mehrfamilienhauses (sechs Wohnungen) bewohnt eine Wohnung im Erdgeschoss des Hauses selbst. Alle Mietverhältnisse verlaufen problemlos und es gibt keine Streitereien mit oder zwischen den Mietern. Das einzige Dorn im Auge des Vermieters sind die benachbarten Mieter im Untergeschoss, das ältere Ehepaar Herr B und Frau B. Direkt nach dem Einzug hat sich für den Vermieter herausgestellt, dass er den Ehemann der so sympathischen Frau B nicht leiden kann, da er sehr misslaunig und eigenbrötlerisch ist. Versuche Freundschaft zu schließen wurden im Keim erstickt. Beleidigt so abgewiesen worden zu sein, überlegt er wie er das Mietverhältnis kündigen kann.
–> Für den Vermieter besteht nach dem vorliegenden Sachverhalt keine Möglichkeit dem Ehepaar zu kündigen. Eine persönliche Antipathie ist kein berechtigtes Interesse, dass eine ordentliche Kündigung rechtfertigen können. Es muss einen sachlichen Kündigungsgrund geben. Die Kündigungsgründe für Mietwohnungen sind in 573 BGB für die ordentliche Kündigung und in §§ 543, 569 BGB für die außerordentliche Kündigung geregelt.
Welche Voraussetzungen zu erfüllen sind lesen Sie in: Vermieter-Kündigungsgründe für einen Mietvertrag.
VI. Fazit und Zusammenfassung
Mieter können im Einzelfall aus den verschiedensten Gründen als unkündbar gelten. Tatsächlich rechtlich unkündbar ist ein Mieter allerdings sehr selten. Der einzige Fall ist ein dingliches Wohnrecht. In anderen Fällen, wie dem Mietvertrag auf Lebenszeit oder einem Kündigungsverzicht bleibt immer die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung, wenn ein entsprechend wichtiger Kündigungsgrund vorliegt. Schwierig wird es für Vermieter besonders dann, wenn eine Kündigung rechtlich zwar möglich, aber tatsächlich nicht durchsetzbar ist, weil der Mieter aufgrund eines sozialen Härtefalls die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen kann. Für Vermieter empfiehlt es sich bei einer vermuteten Unkündbarkeit des Mieters sich anwaltlich beraten zu lassen, wenn der Mietvertrag beendet werden soll.
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