Kaum ein Vermieter macht sich wohl bei Abschluss des Mietvertrages über dieses Thema Gedanken, aber wenn es dann doch einmal dazu kommt, ist die Verzweiflung oft groß: Was tun, wenn der einzige Mieter verstorben ist und die Erben unbekannt sind? Wie geht es mit dem Mietvertrag weiter? Wer kümmert sich um die Räumung der Wohnung? Und was passiert mit noch ausstehenden Zahlungen oder Schäden?
Vermieter fühlen sich meist hilflos, da es scheint, dass kein direkter Ansprechpartner vorhanden ist. Allerdings gibt es hier ein Lösung: Die sog. Nachlasspflegschaft. Vermieter können bei Gericht beantragen, dass ein sog. Nachlasspfleger bestellte wird, der sich um alle offenen mietrechtlichen Angelegenheiten kümmert.
Der nachfolgende Artikel, erklärt für Vermieter, was passiert, wenn der Mieter ohne Erben verstirbt und durch den Vermieter eine Nachlasspflegschaft zu beantragen ist. Wie Sie dazu vorgehen und was alles zu beachten ist, erfahren Sie hier.
Inhalt: Mieter verstorben – Erben unbekannt. So gehen Vermieter vor
I. Was passiert mit dem Mietvertrag, wenn der Mieter verstorben ist?
II. Wie kündigen, wenn der Mieter verstorben ist und die Erben unbekannt sind?
III. Wie geht man bei der Räumung der Wohnung des verstorbenen Mieters vor?
I. Was passiert mit dem Mietvertrag, wenn der Mieter verstorben ist?
Zunächst nichts. Der Mietvertrag läuft weiter. In den meisten Fällen treten weitere Haushaltsangehörige oder Erben an die Stelle eines verstorbenen Mieters und führen den Mietvertrag weiter oder kündigen das Mietverhältnis.
Handelt es sich jedoch um einen Alleinmieter dessen Erben unbekannt sind, ist die Sachlage nicht so einfach: Der Mietvertrag läuft weiter, es gibt aber faktisch keinen Mieter mehr und damit auch niemanden der Miete bezahlt. Um wieder in den Besitz der Wohnung zu gelangen müssen Vermieter den Mietvertrag kündigen. Nur so kann der Mietvertrag beendet werden.
Der Grund ist, dass allein der Tod des Mieters dem Vermieter kein Recht gibt, die Wohnung wieder in Besitz zu nehmen. Vermieter dürfen die Wohnung nicht aufbrechen, das Schloss zu wechseln und die Wohnung einfach neu zu vermieten. Mit diesem Vorgehen machen sich Vermieter strafbar und schadensersatzpflichtig. Die Kündigung des Mietvertrages steht hier an erster Stelle für ein richtiges Vorgehen des Vermieters.
Wichtig: Solange der Mietvertrag nicht gekündigt wird, besteht das Mietverhältnis fort — auch wenn der Mieter verstorben ist.
II. Wie kündigen, wenn der Mieter verstorben ist und die Erben unbekannt sind?
Das Gesetz räumt Vermietern nach § 564 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) beim Tod des Mieters ein Sonderkündigungsrecht gegenüber den Erben ein, sofern keine andere Person (gemäß §§ 563, 563a BGB) in den Mietvertrag eintritt. Das Sonderkündigungsrecht hat ein Frist von drei Monaten. Die Kündigung muss innerhalb eines Monats ab der Kenntnisnahme des Todesfalls sowie der Kenntnis der Tatsache, dass keine dritte Person das Mietverhältnis fortsetzt, erfolgen.
Sind die Erben des verstorbenen Mieters unbekannt, stehen Vermieter regelmäßig vor dem Problem, dass unklar ist, an wen die Kündigung zu richten ist.
Hier kommt dann die sog. Nachlasspflegschaft ins Spiel. Sind keine Angehörigen oder Erben auffindbar, müssen Vermieter eine Nachlasspflegschaft beim örtlichen Nachlassgericht beantragen nach §§ 1960, 1961 BGB. Zuständig ist das Amtsgericht des Bezirkes, in dem der verstorbene Mieter zuletzt seinen gewöhnlichen Aufenthalt gemeldet hat.
Das Nachlassgericht bestellt dann einen sog. Nachlasspfleger, der den Nachlass des verstorbenen Mieters verwaltet und zum Ansprechpartner für den Vermieter wird. Der Nachlasspfleger ist somit auch der Adressat für das Kündigungsschreiben zur Auflösung des Mietverhältnisses. Sind keine Erben oder sonstige Angehörigen auffindbar, kann sich der Vermieter auch selbst als Nachlasspfleger zur Verfügung stellen. Der Antrag ist für den Vermieter kostenlos.
Bei einem vermögenslosen Verstorbenen bzw. wenn nicht absehbar ist, ob der Nachlass die Schulden decken kann, stößt man als Vermieter beim Nachlassgericht teilweise auf Widerstand. So lehnten z.B. verschiedene Nachlassgerichte in erster Instanz Anträge von Vermietern auf Bestellung eines Nachlasspflegers entweder komplett ab oder schränkten dessen Wirkungsbereich zu sehr ein (Kammergericht (KG) Berlin, Beschluss vom 02.08.2017, Az.: 19 W 102/17; Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken, Beschluss vom 07.05.2015, Az.: 8 W 49/15; OLG München, Beschluss vom 20.03.2012, Az.: 31 Wx 81/12). In allen Fällen wurde die Entscheidung durch höhere Instanzen zu Gunsten des Vermieters korrigiert, da der Anspruch auf die Bestellung eines Nachlasspflegers zur Rückgabe der Mietsache nicht davon abhängt, ob das Nachlassvermögen die Schulden decken kann.
Wichtig: Sind die Erben unbekannt, ist ein Nachlasspfleger durch das örtliche Amtsgericht zu bestellen, der die Kündigung des Mietvertrages entgegennehmen kann. Das gilt, auch für Fälle in denen der verstorbene Mieter verarmt oder vermögenslos ist.
III. Wie geht man bei der Räumung der Wohnung des verstorbenen Mieters vor?
Sobald der Mietvertrag gekündigt ist, stellt sich die Frage, wie es mit der Räumung weitergeht. Die Möbel und Habseligkeiten des verstorbenen Mieters müssen entfernt und die Wohnung gereinigt oder eventuell renoviert werden, um sie schnellstmöglich wieder neu vermieten zu können.
Eine eigenständige Räumung durch den Vermieter geht nicht. Vermieter machen sich dadurch strafbar und haften deliktisch wegen verbotener Eigenmacht. Auch hierzu muss sich der Vermieter mit seinem Räumungsverlangen erst einmal an den Nachlasspfleger wenden. Dieser wird auf Antrag des Vermieters die Rückgabe der Mietsache bestätigen und die Räumung freigeben. Das geht aber nur, soweit der Nachlasspfleger auch für die Abwicklung des Mietverhältnisses und nicht nur zur Entgegennahme der Kündigung bestellt wird.
Es empfiehlt sich daher für Vermieter bereits beim Antrag der Nachlasspflegschaft darauf zu achten, dass sich der Wirkungsbereich des bestellten Nachlasspflegers nicht nur auf die Kündigung des Mietvertrages bezieht, sondern ebenso auf die weitere Abwicklung, wie die Rückgabe des Besitzes an der Wohnung und die Räumung (vgl. OLG München, Beschluss vom 20.3.2012, Az.: 31 Wx 81/12). Beschränkt sich der Wirkungsbereich des Nachlasspflegers nur auf die Kündigung, muss im Zweifel eine neue Nachlasspflegerbestellung für die Räumung erfolgen und es könnte beim weiteren Vorgehen zu erheblichen Verzögerungen kommen.
Wichtig: Die Räumung kann nur unter Zustimmung des Nachlasspflegers erfolgen, wenn der Mieter verstorben ist und die Erben unbekannt sind.
IV. Wer übernimmt ausstehende Zahlungen, Kosten und Schadensersatz, wenn die Erben unbekannt sind und der verstorbene Mieter vermögenslos war?
Das kommt auf den Einzelfall an: Mietschulden, Nebenkostennachzahlungen, Räumungskosten sowie Kosten für die Renovierung oder Reinigung werden im Regelfall aus dem Nachlass bezahlt. Dazu muss der Vermieter seine Forderungen dem Nachlasspfleger gegenüber geltend machen.
Die Schulden werden aber nur dann durch den Nachlass beglichen, wenn das hinterlassene Vermögen des verstorbenen Mieters groß genug ist. Bei einem unzureichenden Vermögen wird von dem Nachlasspfleger ein Nachlassinsolvenzverfahren eingeleitet nach § 1980 BGB oder eine Dürftigkeitseinrede angemeldet nach §§ 1990, 1991 BGB. Der Vermieter kann seine Forderung dann zur Insolvenztabelle anmelden, bleibt in den meisten Fällen allerdings auf seinen Kosten sitzen.
V. Fazit und Zusammenfassung
Ist der Mieter verstorben und sind die Erben unbekannt, sollte der Vermieter schnell handeln, um weitere Mietausfälle zu verhindern und in den Besitz der Wohnung zu kommen. In erster Linie ist dafür einen Antrag auf Nachlasspflegschaft zu stellen. Der Nachlasspfleger ist dann der Ansprechpartner für die weiteren Schritte: Kündigung des Mietvertrages, Rückgabe der Mietsache und dessen Räumung sowie die Abwicklung von Ansprüchen aus dem Mietverhältnis. Zeigt sich das Nachlassgericht hierbei unkooperativ, heißt es hartnäckig bleiben.
04.05.2023 - 20:01
Der Nachlasspfleger hat die Wohnung meines alleinstehenden, vermögenslosen verstorbenen Mieters nach 5 Monaten freigegeben. Er hat die Kündigung zum frühestmöglichen Termin ausgesprochen. Was heisst das für mich?
Mein verstorbener Mieter bekam die gesamte Miete vom Sozialamt.Die Miete wurde bis einschließlich Mai an mich weitergezahlt. Ich habe im Januar aber schon selbst eine 3 – monatige Kündigung an das Nachlassgericht geschickt, in der Hoffnung kurzfristig von dort enie Nachricht zu erhaltern, aber leider Fehlanzeige
Ist jetzt diese Kündigung noch wirksam und sind die dann überzahlten Mieten zurückzuzahlen oder wird die Kündigung erst mit der jetzigen Ankündigung durch den Nachlasspfleger offiziell in Gang gesetzt.