Mietwohnungen mit Schimmelbefall, feuchten Wänden und Schimmelgeruch sind mangelhaft. Mieter können in diesen Fällen die Miete mindern. Doch wie ist das, wenn der Schimmel noch nicht da ist, aber aufgrund der schlechten Dämmung und bestehenden Wärmebrücken in den Außenwänden zu erwarten ist? Gerade bei Altbauwohnungen können Mieter die Schimmelbildung dann nur durch übermäßiges Lüften abwenden. Können Mieter bei einer solchen Schimmelpilzgefahr in der Mietwohnung mindern? Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte genau über diese Frage zu entscheiden und stellte in seinem Urteil am 05.12.2018 fest: Mieter dürfen die Miete nicht mindern, weil in ihrer Altbauwohnung Schimmelpilzgefahr besteht (Az.: VII ZR 271/17).
Der nachfolgende Artikel erklärt, warum Schimmel eine Minderung rechtfertigt, die Schimmelpilzgefahr aber nicht. Hier erfahren Sie die Begründung des BGH.
Inhalt: Schimmelpilzgefahr in der Mietwohnung
I. Schimmel ist ein Mangel
Schimmel in der Mietwohnung ist ein Mangel und erlaubt dem Mieter von seinem Minderungsrecht gemäß § 536 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Gebrauch zu machen. Danach kann ein Mieter immer dann die Miete mindern, wenn ein Mangel vorliegt der zur Folge hat, dass die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder nicht unerheblich gemindert ist.
Bei bestehendem Schimmel in der Mietwohnung ist das unstreitig anerkannt. Dazu bekommen Sie hier zwei separate Beiträge, in denen auch Beispiele zum Vorgehen und den Minderungsquoten genannt werden: Mietminderung bei Schimmel in der Wohnung und Mängelanzeige + Mietminderungsschreiben = Vorlagen für Mieter.
II. Schimmelpilzgefahr wegen Wärmebrücken ist kein Mangel
Bei der Gefahr einer Schimmelpilzbildung ist der Mangelbegriff nach der Rechtsprechung des BGH aber noch nicht erfüllt. In seiner Begründung erklärt das der BGH wie folgt:
1. Kein Mangel durch Wärmbrücken
Ausgehend von dem gesetzlichen Mangelbegriff, ist ein Mangel einer Mietwohnung eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustands der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand. Welches Zustand vorausgesetzt ist, bestimmen die Vereinbarungen der Mietvertragsparteien. Gibt es keine besonderen Parteivereinbarungen im Mietvertrag, stellt man darauf ab, welchen Zustand ein Mieter üblicherweise als vorausgesetzt ansieht: Nach dem BGH kann ein Mieter erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Sofern es technische Normen gibt, ist jedenfalls deren Einhaltung geschuldet, wobei der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen ist (BGH, Urteil vom 05.12.2018, Az.: VIII ZR 271/17).
Bei der Gefahr einer Schimmelpilzbildung wegen bestehender Wärmebrücken, ist der Mangelbegriff daher nur erfüllt, wenn die Wärmbrücken nicht dem vertraglich vorausgesetzten Zustand entsprechen.
In dem Fall des BGH, gab es im Zeitpunkt der Errichtung des streitgegenständlichen Wohngebäudes im Jahr 1968 allerdings noch keine Verpflichtung das Gebäude mit einer Wärmedämmung zu versehen. Geometrische Wärmebrücken waren ein allgemein üblicher Bauzustand BGH, Urteil vom 05.12.2018, Az.: VIII ZR 271/17). Etwas anderes konnte der Mieter daher beim Einzug in diesen unsanierten Altbau auch nicht erwarten.
Die Wärmebrücken sind daher kein Sachmangel.
2. Keine Einschränkung des zeitgemäßen Wohnens durch Schimmelpilzgefahr
Die Schimmelpilzgefahr durch die die bestehenden Wärmebrücken in den Außenwänden beeinträchtigt nach Ansicht des BGH nicht den Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens.
Die Rechtsprechung zu den Mindestanforderungen an zeitgemäßes Wohnen bezieht sich auf Elektroinstallationen die der Mieter üblicherweise erwarten darf und nicht auf die Wärmedämmung in einer Altbauwohnung. Insoweit hatte der BGH festgestellt, dass der Mieter einer nicht modernisierten Altbauwohnung mangels abweichender Vereinbarungen jedenfalls einen Mindeststandard verlangen kann, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht und den Einsatz der für die Haushaltsführung allgemein üblichen elektrischen Geräte erlaubt (Senatsurteile vom 26. Juli 2004, Az.: VIII ZR 281/03, vom 10. Februar 2010, Az.: VIII ZR 343/08,; vom 17. Dezember 2014, Az.: VIII ZR 88/13).
Diese Rechtsprechung ist auf die Beschaffenheit einer Wohnung bezüglich der Wärmedämmung – da insoweit weder eine vergleichbare Veränderung der Lebensverhältnisse noch eine hierauf beruhende Erwartung des Wohnraummieters hinsichtlich des Mindeststandards einer Altbauwohnung gegeben ist – nicht übertragbar (BGH, Urteil vom 05.12.2018, Az.: VIII ZR 271/17).
Die Wärmebrücken stellen also auch nach diesen Grundätzen keinen Mangel dar.
3. Keine Einschränkung des zeitgemäßen Wohnens durch angezeigtes Lüftungsverhalten
Das zeitgemäße Wohnen (s.o.) bzw. der vertragsgemäße Gebrauch der Mietwohnung ist nach Ansicht des BGH auch nicht dadurch eingeschränkt, weil die Mieter durch die unzureichende Wärmedämmung im Einzelfall mehr lüften müssen als „alltagsüblich“, um der Schimmelbildung entgegen zu wirken. Auch kann eine Einschränkung bei der Möblierung der Außenwände hinzunehmen sein, um die Schimmelbildung zu verhindern.
Nach dem BGH gibt es kein „im Hinblick auf das zeitgemäße Wohnen unter allen Umständen zu gewährleistenden Wohn- bzw. Lüftungsverhalten für Mieter“:
Kein generell unzumutbares Lüftungsverhalten
Insoweit stellt der BGH klar, dass die u.a. in der Vorinstanz vom Landgericht Lübeck vertreten Ansicht verfehlt ist, dass der Vermieter die Schimmelfreiheit der Wohnung unter der Voraussetzung zu gewährleisten habe, dass der Mieter das Schlafzimmer nur auf 16 Grad Celsius, die übrigen Zimmer auf nicht mehr als 20 Grad beheize, kalte Außenwände beliebig möbliere und die Wohnung nicht mehr als zwei Mal pro Tag für fünf bis zehn Minuten stoßlüfte. Alles andere sei unzumutbar (LG Lübeck, Entscheidung vom 17.11.2017, Az.: 14 S 107/17).
Der BGH stellte fest, dass solche abstrakt generellen Regeln nicht existieren. Für die Zumutbarkeit eines Lüftungsverhaltens etc. komme es vielmehr immer auf das konkreten Wohnverhalten der Mieter – wie z.B. deren Anwesenheitszeiten in der Wohnung und den Umfang der dort ausgeübten Tätigkeiten, die mit einer Feuchtigkeitsentwicklung verbunden sind an (z.B. Duschen, Baden, Kochen usw.). Außerdem sind auch die Art, Größe und Baujahr der Mietwohnung von Bedeutung (BGH, Urteil vom 05.12.2018, Az.: VIII ZR 271/17).
Deshalb war es für den BGH in dem Streitgegenständlichen Fall durchaus nachvollziehbar ein anderes Lüftungsverhalten als zumutbar und angemessen anzusehen: Im Streitfall ging der Sachverständige davon aus dass bei einer Belegung der Wohnung mit zwei Personen, die (unter anderem) jeweils 20 Minuten pro Tag duschen, ein täglich zweimaliges Stoßlüften mit einer Dauer von jeweils 13 bis 17 Minuten, ein dreimaliges Stoßlüften von jeweils zehn Minuten oder ein dreimaliges Querlüften von jeweils drei Minuten ausreichend sind, um eine Schimmelpilzbildung der Außenwände zu vermeiden.
Kein generell unzumutbares Wohnverhalten:
Wie beim Lüften kann auch bei der Möblierung der Wohnung nur einzelfallabhängig entschieden werden, was dem Mieter zumutbar ist. Es ist jedenfalls für Mieter nicht unter allen Umständen unzumutbar, bei der Möblierung von Außenwänden der Wohnung irgendeine Einschränkung hinzunehmen (so aber noch die Vorinstanz: LG Lübeck, Entscheidung vom 17.11.2017, Az.: 14 S 107/17).
Die bloße Gefahr einer Schimmelpilzbildung, die durch ein Aufstellen von Möbeln direkt und ohne Abstand an einer baualtersgemäß ungedämmten Außenwand entsteht, stellt keinen generell zur Minderung der Miete führenden Mangel dar.
Der BGH begründet dies u.a. damit dass eine andere Ansicht darauf hinauslaufe, bei der Beurteilung des Vorliegens eines möglichen Mangels des vermieteten Wohnraums auch für eine nicht sanierte oder nicht grundlegend modernisierte Altbauwohnung und unabhängig von entsprechenden konkreten Vereinbarungen der Mietvertragsparteien einen Neubaustandard zugrunde zu legen. Das stünde im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der für die Beurteilung des Vorliegens möglicher Mängel der Mietsache, jedenfalls bei baulichen Mängeln auf deren Baujahr abstellt.
Somit kann auch insoweit kein Mangel festgestellt werden.
4. Keine Mangelgefahr durch Schimmelpilzgefahr
Der BGH erklärte in seiner Entscheidung außerdem dass die unzureichende Wärmedämmung und die drohende Schimmelpilzgefahr auch nicht für die Annahme einer sog. Mangelgefahr reichen, die rechtlich einem Mangel gleichstehen. Für die Annahme eines Mangels genügt es im Einzelfall, dass der Mietgebrauch durch eine bestimmte Beschaffenheit der Mietsache jederzeit erheblich beeinträchtigt werden kann (“Mangelgefahr”). Dazu zählen z.B. bauseitig bedingte Mängel.
Ein solcher liegt hier aber nicht vor (s.o.).
III. Fazit
Die Gefahr einer Schimmelpilzbildung reicht nicht um eine Minderung zu begründen. Schlechte Wärmedämmung und bestehende Wärmebrücken sind jedenfalls bei einem Altbau kein Mangel, wenn der Zustand des Gebäudes mit den zum Zeitpunkt seiner Errichtung geltenden Bauvorschriften im Einklang steht. Außerdem darf der Mieter nicht allein deshalb mindern, weil er bei einer bestehenden Schimmelpilzgefahr in einem Altbau sein Lüftungsverhalten anpassen muss oder bestimmte Möbel anders stellen muss, um die Schimmelbildung zu vermeiden.
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