Was noch vor zehn Jahren kein Thema war, gewinnt heute mehr und mehr an Bedeutung. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Mieter in seiner Mietwohnung eine berufliche Tätigkeit ausüben darf. Mussten viele Selbständige ihre Arbeit vor einiger Zeit noch vor Ort oder in einem Büro verrichten, ist dies heutzutage über das Internet vielfach auch von zu Hause aus möglich. Die digitale Vernetzung ermöglicht es sogar Arbeitnehmern, ihre Arbeit vom heimischen Schreibtisch aus zu verrichten. Wo sich neue Möglichkeiten ergeben, treten aber immer auch Fragen und rechtliche Probleme auf. So verhält es sich auch, wenn ein Mieter seine Wohnung zu beruflichen Zwecken nutzt. Ob und unter welchen Voraussetzungen der Mieter in seiner Mietwohnung eine berufliche Tätigkeit ausüben darf, insbesondere, ob er hierzu eine Erlaubnis des Vermieters benötigt, klärt der nachfolgende Beitrag und beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Thema „Arbeiten in der Mietwohnung“.
Inhalt: Erlaubnis einholen für Arbeit in Mietwohnung?
- Benötige ich für jede berufliche Tätigkeit eine Erlaubnis des Vermieters?
- Unter welchen Voraussetzungen unterfällt eine berufliche Tätigkeit noch dem Vertragszweck „Wohnen“?
- Wann tritt eine berufliche Tätigkeit nach außen in Erscheinung?
- Hat der Mieter gegen den Vermieter in bestimmten Fällen einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung?
- Bedarf es auch der Einholung einer staatlichen Genehmigung?
- Mit welchen Konsequenzen muss der Mieter rechnen, wenn er die berufliche Tätigkeit ohne eine erforderliche Genehmigung ausübt?
1. Benötige ich für jede berufliche Tätigkeit eine Erlaubnis des Vermieters?
Nein! Auch wenn die Wohnung laut Mietvertrag nur zu Wohnzwecken genutzt werden darf, sind bestimmte berufliche Tätigkeiten zulässig, ohne dass dafür zuvor die Erlaubnis des Vermieters eingeholt werden muss. Der BGH rechtfertigt dies mit einer vom normalen Verständnis abweichenden Definition des Begriffs „Wohnen“. Unterfällt eine berufliche Tätigkeit nach der Definition des BGH noch dem „Wohnen“, ist sie erlaubnisfrei zulässig.
2. Unter welchen Voraussetzungen unterfällt eine berufliche Tätigkeit noch dem Vertragszweck „Wohnen“?
Bereits im Jahr 2009 entschied der BGH, dass solche berufliche Tätigkeiten, die der Mieter – etwa im häuslichen Arbeitszimmer – ausübt, ohne dass sie nach außen in Erscheinung treten, nach der Verkehrsanschauung nicht dem Begriff des „Wohnens” unterfallen (vgl. BGH, Urteil vom 14. 07. 2009 – VIII ZR 165/08). Maßgebliches Kriterium für die Einordnung der Tätigkeit ist also die Außenwirkung.
3. Wann tritt eine berufliche Tätigkeit nach außen in Erscheinung?
Die Beantwortung dieser Frage hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Der BGH hat jedoch in seiner Entscheidung vom 14.07.2009 – VIII ZR 165/08- wichtige Abgrenzungskriterien genannt, an denen sich Mieter und Vermieter orientieren können.
Erfüllt die Tätigkeit des Mieters eine oder mehrere der drei nachfolgenden Voraussetzungen, ist davon auszugehen, dass eine nach außen in Erscheinung tretende und damit genehmigungsbedürftige Tätigkeit vorliegt:
- Der Mieter gibt die Adresse der Wohnung als seine Geschäftsadresse an oder
- der Mieter empfängt in der Wohnung Kunden oder
- der Mieter beschäftigt in der Wohnung
4. Hat der Mieter gegen den Vermieter in bestimmten Fällen einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung?
5. Bedarf es auch der Einholung einer staatlichen Genehmigung?
Diese Frage kann nicht pauschal mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Wie so oft, sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend.
Zwei verschiedene Genehmigungen kommen in Betracht.
Zum einen kann die Einholung einer Genehmigung zur Zweckentfremdung von Wohnraum erforderlich sein. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Wohnung in einem Gebiet befindet, in dem ein gesetzliches Zweckentfremdungsverbot besteht (vgl. z.B. § 9 Abs.1 S.1 des Hamburgischen Wohnraumschutzgesetzes (HmbWoSchG)) und die berufliche Tätigkeit tatsächlich eine Zweckentfremdung der Wohnung darstellt (vgl. z.B. § 9 Abs.2 HmbWoSchG).
Zum anderen kann die Rechtmäßigkeit der Ausübung der beruflichen Tätigkeit von der Erteilung einer Baugenehmigung in Form einer Genehmigung zur Nutzungsänderung abhängen (vgl. z.B. § 54 Abs.1 S.1 Hessische Bauordnung). Die Einholung einer solchen Genehmigung ist dann erforderlich, wenn die Aufnahme der beruflichen Tätigkeit eine baurechtlich relevante Nutzungsänderung darstellt.
Wann dies der Fall ist, sowie alle weiteren wichtigen Einzelheiten nicht nur zur Baugenehmigung, sondern auch zur Zweckentfremdungsgenehmigung, insb. zu der Frage, von wem diese eingeholt werden muss bzw. darf, erfahren Sie in unserem Beitrag „Gewerbe in Mietwohnung – Was müssen Mieter beachten“
6. Mit welchen Konsequenzen muss der Mieter rechnen, wenn er die berufliche Tätigkeit ohne eine erforderliche Genehmigung ausübt?
Auch mit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung gem. § 543 Abs.1 BGB oder einer ordentlichen fristgerechten Kündigung gem. § 573 Abs.2 Nr.1 BGB muss der Mieter rechnen. Keinesfalls jede nicht genehmigte Berufsausübung in der Mietwohnung rechtfertigt jedoch eine Kündigung. Ob der Vermieter zur Kündigung berechtigt ist oder nicht, hängt in erster Linie von dem Ausmaß der durch die Berufsausübung verursachten Beeinträchtigungen für den Vermieter, aber auch für Mitmieter ab.
Weitere Einzelheiten sowie eine Übersicht über die einschlägige Rechtsprechung finden Sie in unserem Beitrag „Arbeiten in der Mietwohnung- Was Mieter dürfen und was nicht.“
Hat die genehmigungspflichtige, aber nicht genehmigte berufliche Tätigkeit des Mieters eine erhöhte Abnutzung der Wohnung zur Folge und erleidet der Vermieter hierdurch einen Schaden, steht dem Vermieter bei schuldhaftem Handeln des Mieters außerdem ein Anspruch auf Schadensersatz zu. Das Gleiche gilt, wenn die nicht genehmigte berufliche Tätigkeit andere Mieter in der vertragsgemäßen Nutzung ihrer Wohnung beeinträchtigt und der Vermieter dadurch eine Mieteinbuße erleidet, dass diese die Miete mindern.
Verstößt die berufliche Tätigkeit des Mieters gegen öffentliches Recht, weil eine erforderliche Bau – und / oder Zweckentfremdungsgenehmigung nicht eingeholt oder deren Erteilung versagt wurde, wird die Nutzung von der zuständigen Behörde untersagt (vg. z.B. § 65 S.2 Landesbauordnung für Baden-Württemberg) bzw. es ergeht ein Wohnnutzungsgebot (vgl. § 12 Abs.1 S.1 HmbWoSchG). Der Mieter und auch der Vermieter müssen darüber hinaus mit einer Geldbuße rechnen, da sowohl die Zweckentfremdung von Wohnraum als auch die baurechtswidrige Nutzungsänderung eine Ordnungswidrigkeit darstellt (vgl. z. B. § 15 Abs.1 S.1 Nr.4 HmbWoSchG sowie § 84 Abs.1 Nr.13 BauO NRW). Je nach Belegenheit der Wohnung kann die Geldbuße jeweils bis zu EUR 500.000,00 betragen (vgl. Art.4 S.1 des Bayerischen Zweckentfremdungsgesetzes (ZwEWG); Art. 79 Abs.1 S.1 Nr.8 der Bayerischen Bauordnung).
07.03.2018 - 20:05
Auch bei dem guten Artikel beschäftigt mich immer noch eine Frage:
Ist es zulässig, dass ein Vermieter einen Mieter für die Hausreinigung beauftragt und ihm dafür eine gewisse Summe an Miete erlässt?
07.03.2018 - 20:32
Hallo Anne,
ja, das ist absolut üblich und ich wüsste nicht, warum das nicht zulässig sein sollte.
Viele Grüße
Dennis Hundt