Viele mögen sie für nicht mehr zeitgemäß halten, die Mittagsruhe. In der Tat finden in unserer heutigen schnelllebigen Zeit nicht mehr viele die Möglichkeit, mittags zu Hause in der Mietwohnung eine Ruhepause einzulegen. Dennoch hat die Mittagsruhe nicht gänzlich an Bedeutung verloren. Insbesondere für ältere Menschen kann diese einen wichtigen Bestandteil des Tagesablaufs bilden. In einem Mehrfamilienhaus leben in der Regel Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen zusammen. Während die einen ununterbrochen aktiv sind, möchten die anderen sich nicht nur in der Nacht, sondern auch tagsüber zwischendurch ausruhen. Diese entgegen gesetzten Interessen gilt es, so gut es geht miteinander zu vereinbaren.
Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen und zu welchen Zeiten in einem Mehrfamilienhaus Mittagsruhe einzuhalten ist und in welchem Umfang Geräusche innerhalb dieser Zeit erlaubt bzw. verboten sind. Außerdem wird ein Überblick über die Rechte gegeben, die dem Mieter zustehen, wenn dieser in seiner Mittagsruhe in unzulässiger Weise gestört wird.
Inhalt: Mittagsruhe im Mietrecht
1. Rechtsvorschriften, die die Mittagruhe regeln, gibt es nur vereinzelt
Am einfachsten wäre es, wenn es eine für ganz Deutschland verbindliche Rechtsvorschrift gäbe, die eindeutig festlegt, zu welchen Zeiten und in welcher Art und Weise Mittagsruhe einzuhalten ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Es existiert weder eine bundeseinheitliche Vorschrift über eine allgemeine Mittagsruhe in Form eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung noch haben die Immissionsschutzgesetze der Länder die Regelung einer allgemeinen Mittagsruhe zum Gegenstand. Wer lange genug sucht, findet zwar staatliche Regelungen der Mittagsruhe, und zwar in Verordnungen einiger Gemeinden. Die Gefahrenabwehrverordnung der Stadt Osterholz-Scharmbeck z.B. legt in § 6 Abs.1b) die Zeit von 13 Uhr bis 15 Uhr als Ruhezeit fest. Da jedoch keinesfalls jede Gemeinde eine entsprechende Vorschrift erlassen hat, ist festzuhalten, dass es eine flächendeckende, von staatlicher Hand festgelegte allgemeine Mittagsruhe nicht gibt.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass es einen flächendeckenden besonderen Schutz der Mittagszeit insbesondere durch eine für das ganze Bundesgebiet geltende Regelung auch partiell nicht gibt. Die Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung – besser bekannt als 32. Bundesimmissionsschutzverordnung (32. BImSchV)- z.B. verbietet den Betrieb bestimmter Lärm verursachender Geräte insbesondere in allgemeinen und besonderen Wohngebieten nicht nur zur Nachtzeit und in den frühen Morgen- und Abendstunden, sondern auch in der Zeit zwischen 13 Uhr und 15 Uhr (vgl. § 7 Abs.1 Nr.2 32. BImSchV). Hierdurch ist der Mieter in der Mittagszeit von 13 Uhr bis 15 Uhr zwar nur vor dem im Freien durch bestimmte, besonders lärmintensive Geräte, wie z.B. einem Laubbläser verursachten Lärm geschützt. Die Regelung in § 7 Abs.1 Nr.2 32. BImSchV hat jedoch Bedeutung über ihren eigentlichen Anwendungsbereich hinaus, da sie erkennen lässt, dass die Zeit von 13 Uhr bis 15 Uhr auch an Werktagen als in gesteigerten Maße schutzwürdig angesehen wird. Die Vorschrift des § 7 Abs.1 Nr.2 32. BImSchV, die auch Eingang in einige Immissionsschutzgesetze der Länder gefunden hat (vgl. z.B. § 8 des Immissionsschutzgesetzes des Landes Rheinland – Pfalz vom 20.12.2000, GVBl. 2000,578), ist daher richtungsweisend auch für Regelungen der Mittagsruhe in Mietverträgen bzw. Hausordnungen (siehe dazu die Ausführungen im übernächsten Abschnitt).
2. Allgemeine gesetzliche Vorschriften und Grundsätze
Auch wenn es an einer bundeseinheitlichen gesetzlichen Regelung einer allgemeinen Mittagsruhe fehlt, gibt es Bundesgesetze, die zwar nicht speziell die Mittagsruhe zum Gegenstand haben, die aber zur Anwendung kommen können, wenn es zur Mittagszeit zu einer Lärmbelästigung kommt.
Zu nennen ist in diesem Zusammenhang zunächst § 117 OwiG. Nach dessen Abs.1 handelt ordnungswidrig, wer ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen. Der Tatestand des § 117 Abs.1 OwiG kann zwar zu jeder Tages- und Nachtzeit erfüllt sein. Zur Mittagszeit, die allgemein – üblicherweise zwischen 13 Uhr und 15 Uhr- in gesteigertem Maße als schutzbedürftig angesehen wird, wird dies jedoch- ebenso wie zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen- schneller der Fall sein als außerhalb der üblichen Ruhezeiten. Liegen die Voraussetzungen des § 117 Abs.1 OwiG vor, kann die Ordnungswidrigkeit gem. § 117 Abs.2 OwiG mit einer Geldbuße von bis zu fünftausend Euro geahndet werden.
Lärmbelästigungen insbesondere zur Mittagszeit können außerdem Beeinträchtigungen des Eigentums des Vermieters oder des Besitzes des Mieters darstellen, die Unterlassungsansprüche gem. § 1004 BGB bzw. § 862 BGB auslösen (zu den Ansprüchen des Mieters im Falle einer Störung der Mittagsruhe siehe die Ausführungen unten).
Außerdem ist stets das ungeschriebene allgemeine Gebot der Rücksichtnahme zu beachten, das auch für Mieter gilt und besagt, dass Nachbarn sich so verhalten müssen, dass die übrigen Hausbewohner nicht über das unvermeidbare Maß hinaus gestört werden (zum Rücksichtnahmegebot vgl. auch KG, Urteil vom 01. 09. 2003 – 12 U 20/03).
3. Die meisten Hausordnungen regeln die Mittagsruhe
Eine verbindliche Aussage darüber, welche Regelung der Mittagsruhe zulässig ist und welche nicht, lässt sich jedoch abstrakt nicht treffen. Die Frage der Zulässigkeit lässt sich nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten. Bedeutung erlangen hierbei insbesondere das durchschnittliche Alter der Hausbewohnerschaft, die baulichen Gegebenheiten, z.B. Abstand der einzelnen Wohnungen zueinander, Hellhörigkeit im Gebäude, Vorhandensein von Schallschutzmaßnahmen sowie der Pegel der Umgebungsgeräusche (vgl. BGH, Beschluss vom 10.09.1998 – V ZB 11–98).
4. Mittagsruhe bedeutet Zimmerlautstärke
Wie auch für die Nachtruhe und die Sonn- und Feiertagsruhe gilt auch für die Mittagsruhe, dass Geräusche zwar zulässig sind, aber – von Ausnahmen abgesehen- nicht über Zimmerlautstärke hinausgehen dürfen. Der Begriff der Zimmerlautstärke wird aus der Perspektive der umliegenden Wohnungen und deren Bewohner definiert, und zwar in der Weise, dass in diesen Wohnungen von einem durchschnittlich empfindenden Mieter (vgl. LG Hamburg, Beschluss vom 12.07.1995 – 317 T 48/95) Geräusche nicht oder zumindest kaum noch wahrnehmbar sind (vgl. LG Berlin, Urteil vom 19.10.1987- 13 O 2/87).
Der Mieter kann in seiner Mittagsruhe durch eine Vielzahl unterschiedlicher Geräusche gestört werden. Nur beispielhaft seien Störungen durch Musik, Haushaltsgeräte oder Kinderlärm genannt. In unserem Beitrag „Ruhezeiten in der Mietwohnung? Wir erklären die Ruhezeiten“, der sich mit den Ruhezeiten allgemein befasst, daher aber auch die Mittagsruhe mit einschließt, finden Sie unter II.2. detaillierte Ausführungen zu der Frage, welche Geräusche innerhalb der Ruhezeiten erlaubt bzw. verboten sind. Besondere Beachtung sollten in diesem Zusammenhang insbesondere die Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Geräusche innerhalb der Ruhezeiten nicht über Zimmerlautstärke hinausgehen dürfen, finden. Zu diesen Ausnahmen gehören insbesondere die im Alltag sehr häufig vorkommenden Geräuschimmissionen, die von Kindern ausgehen.
5. Unzulässige Störung der Mittagsruhe – Was Mieter tun können
Führt ein klärendes Gespräch mit dem Nachbarn, das stets an erster Stelle stehen sollte, nicht zum Ziel, kann der Mieter, wenn der Nachbar weiterhin die Mittagsruhe nicht einhält,
- von dem Nachbarn § 862 BGB Unterlassung wegen Besitzstörung verlangen,
- sich an seinen Vermieter wenden und verlangen, dass dieser durch Einwirkung auf den Nachbarn entsprechend seiner Verpflichtung aus § 535 Abs.1 S.2 BGB vertragsgemäße Zustände herbeiführt und den Nachbarn zur Ruhe veranlasst,
- § 536 BGB die Miete mindern, vorausgesetzt, die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch ist durch die Störung der Mittagsruhe nicht nur unerheblich beeinträchtigt,
- § 536a Abs.1 BGB seinen Vermieter auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, wenn dieser es schuldhaft unterlassen hat, den Nachbarn zur Ruhe zu veranlassen, obwohl ihm dies möglich war,
- die zuständige Verwaltungsbehörde von der Ruhestörung in Kenntnis setzen, damit diese gem. § 117 OwiG ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einleitet und ein Bußgeld gegen den Nachbarn verhängt, das abschreckend wirkt und den Nachbarn von weiteren Ruhestörungen abhält.
6. Fazit und Zusammenfassung
- Eine allgemeine Mittagsruhe ist weder bundesgesetzlich noch durch Landesgesetze geregelt. Lediglich in kommunalen Lärmschutzverordnungen finden sich vereinzelt Regelungen zur Mittagsruhe.
- An einem Schutz der Mittagsruhe durch Gesetz und Rechtsprechung auch außerhalb des Anwendungsbereichs einer kommunalen Lärmschutzverordnung fehlt es dennoch nicht, was sich z.B. darin zeigt, dass für erhebliche Lärmbelästigungen gem. § 117 OwiG ein Bußgeld verhängt werden kann.
- In erster Linie beurteilt sich die Frage, ob und wenn ja zu welchen Zeiten Mittagsruhe einzuhalten ist, nach der Hausordnung, die dies in der Regel festlegt. Eine Mittagsruhe von 13 Uhr bis 15 Uhr ist verbreitet, aber nicht die einzige zulässige Regelungsmöglichkeit.
- Mittagsruhe einzuhalten bedeutet in der Regel, seine Geräusche auf Zimmerlautstärke zu beschränken.
- Wird der Mieter in seiner Mittagsruhe in unzulässiger Weise gestört, stehen ihm Besitzschutzansprüche gegen den Nachbarn, aber auch mietrechtliche Ansprüche gegen seinen Vermieter zu. Außerdem kann er unter den Voraussetzungen des § 117 Abs.1 OwiG die Verwaltungsbehörde zum Einschreiten veranlassen.
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