Gerecht ist meist eine Frage des Blickwinkels und so ist es auch bei den Umlageschlüsseln in der Nebenkostenabrechnung. Ob bei einer Verteilung nach Wohnfläche, Quadratmeterzahl, Wohneinheit, Personenanzahl oder Miteigentumsanteil – es gibt nahezu keine Konstellation in der sich nicht mindestens ein Mieter bei der Umlage der Nebenkosten ungerechnet behandelt fühlt. Gerade bei verbrauchsabhängigen Nebenkosten, die aufgrund tatsächlicher Benutzung mal mehr und mal weniger anfallen, stellen die verbrauchsunabhängigen Umlageschlüssel oftmals eine nicht allen Mietparteien gerecht werdende Verteilung dar.
In dem nachfolgendem Artikel soll Ihnen als Mieter daher aufgezeigt werden, welche rechtlichen Möglichkeiten Sie tatsächlich haben, wenn ihr Verteilerschlüssel Ihrer Meinung nach ungerecht ist.
Inhalt: Was tun bei ungerechtem Umlageschlüssel der Nebenkosten?
I. Umlageschlüssel: Vorrang der Vereinbarung
I. Umlageschlüssel: Vorrang der Vereinbarung
Die Bestimmung eines geeigneten Umlageschlüssels für die anfallenden Nebenkosten findet regelmäßig im Mietvertrag statt. Dort findet sich meist eine ausdrückliche Bezeichnung eines Verteilerschlüssels für die abzurechnenden Nebenkosten im Rahmen der Umlagevereinbarung. Es ist insoweit ebenfalls zulässig, wenn für die Art der Umlage anstelle eines konkreten Umlageschlüssels ein einseitiges Recht zur Festlegung desselben in der ersten Abrechnung nach billigem Ermessen des Vermieters vereinbart wurde. Das bedeutet, es ist ohne weiteres möglich, dass sich der Vermieter bei Vertragsschluss den Umlageschlüssel offen hält und ein einseitiges Bestimmungsrecht in den Mietvertrag einbaut (BGH, Urteil vom 5.11.2014, AZ: VIII ZR 257/13).
Findet sich keinerlei Regelung zum Umlageschlüssel greift die gesetzliche Regelung des § 556 a BGB. Nach § 556 a Abs. 1 BGB sind die Nebenkosten dann grundsätzlich nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen, wenn keine andere gesetzliche Regelung entgegen steht (zum Beispiel die Heizkostenverordnung). Bei verbrauchsabhängigen Nebenkosten die, etwa durch Zähler oder ähnliches erfasst werden, ist nach dem erfassten Verbrauch abzurechnen, § 556 a Abs. 1 S. 2 BGB.
- Detaillierte Beispiele für die verschiedenen Arten der Umlageschlüssel, finden Sie in dem Artikel: “Verteilerschlüssel in der Nebenkostenabrechnung“
II. Änderung des Umlageschlüssels
Soweit kein besonderer Anpassungsvorbehalt für den Mieter vereinbart ist, ist eine Änderung des Umlageschlüssels nur nach allgemeinen Regeln zulässig. Sogar ein Mehrheitsbeschluß der Mieter kann grundsätzlich keine Änderung erzwingen (LG Wiesbaden 1 S 490/91, WM 92, 630).
In § 556 Abs. 2 BGB findet sich ein einseitiges Änderungsrecht des Vermieters, bei bisher nicht verbrauchsabhängig erfassten Nebenkosten, eine solche vorzunehmen und auch danach abzurechnen, wenn die Mietvertragsparteien ursprünglich eine Vereinbarung getroffen haben, die von § 556 a Abs. 1 BGB abweicht. Aus diesem Recht erwächst aber keine Pflicht, dass heißt, der Mieter kann grundsätzlich nicht vom Vermieter verlangen, von seinem Recht Gebrauch zu machen.
Ein entsprechender Änderungsanspruch soll dem Mieter allerdings dann ausnahmsweise aus dieser Vorschrift erwachsen, wenn
- der Vermieter die Voraussetzungen der Verbrauchserfassung bereits geschaffen hat und
- dem Mieter aus dem bisherigen nicht verbrauchsabhängigen Verteilerschlüssel eine krasse Benachteiligung (beziehungsweise grobe Unbilligkeit) entsteht (Lützenkirchen in: Lützenkirchen, Mietrecht , 2. Auflage 2015, § 556a BGB Rn. 62).
Der freie Ermessensspielraum des Vermieters werde dann auf Null reduziert und gelte besonders auch in den Fällen, in denen der Vermieter die Kosten der Ausstattung für die „neue“ Verbrauchserfassung nach § 559 BGB auf den Mieter umgelegt hat (Lützenkirchen in: Lützenkirchen, Mietrecht , 2. Auflage 2015, § 556a BGB Rn. 62). Ein rückwirkender Anspruch des Mieters besteht allerdings nicht (Lützenkirchen in: Lützenkirchen, Mietrecht , 2. Auflage 2015, § 556a BGB Rn. 53a).
Daneben soll es für den Mieter auch die Möglichkeit einer Vertragsanpassung nach § 313 BGB geben, um eine Änderung des Umlageschlüssels zu bewirken, wenn dieser als grob unbillig und damit extrem ungerecht ist (BGH, Urteil vom 31.05.2006, Az.: VIII ZR 159/05).
Wann bei einem Umlageschlüssel allerdings von einer groben oder krassen Unbilligkeit auszugehen ist, ist immer abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalls und unterliegt engen Grenzen. So entschied beispielsweise das LG Aachen im Urteil vom 04.06.1993, Az.: 5 S 58/93, dass die Abrechnung der Nebenkosten (Wasser, Abwasser, Müllabfuhr und Aufzug) nach der Wohnfläche jedenfalls nicht unbillig ist, wenn der Vermieter eine Abrechnung nach dem Umlageschlüssel der Personenzahl nur unter Verwaltungsmehraufwand erstellen kann und der betroffene Mieter lediglich 50 % anteilige Nebenkostenersparnis erhalten würde. Zudem genügen auch bloße Zweifel an der Billigkeit des Flächenmaßstabs nicht (BGH, Entscheidung vom 12.03.2008, Az.: VIII ZR 188/07).
Ein ungerechter Verteilerschlüssel wurde zum Beispiel in folgenden Einzelfällen angenommen:
- Verursachungsabhängige Abrechnung bei großen Mietshäusern mit extremem Wohnungsleerstand, der bei der Verteilung unberücksichtigt bleibt, so dass ein einzelner verbleibender Mieter alle laufenden Nebenkosten (für Fahrstuhl, Allgemeinstrom, Zählermieten u. ä.) allein zu tragen hat (BGH vom 10. Dezember 2014, Az.: VIII ZR 9/14, 7-fache Erhöhung der Nebenkosten).
- Maßstab der Wohnungsgrößen führte zu einer unbilligen Belastung eines Mieters bei der Abrechnung der Wasserkosten (LG Aachen, Urteil vom 24.05.1991 ,Az.: 5 S 70/91: Mieter kann auf den Haushalt bezogene Einzelabrechnung verlangen, die der Personenanzahl im Haus Rechnung trägt).
- Bei vereinbarter Wohnfläche als Umlageschlüssel ist eine Unbilligkeit erreicht, wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10 % geringer ist und es kann eine Anpassung nach § 313 BGB eröffnet sein ( (Lützenkirchen in: Lützenkirchen, Mietrecht , 2. Auflage 2015, § 556a BGB Rn 65). Hierzu erhalten Sie auch weitere Einzelheiten in dem Beitrag “Wohnfläche als Umlageschlüssel für die Nebenkosten“.
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