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Keine Kündigungssperrfrist für Untermieter (BGH, Urteil vom 22.06.2022 – VIII ZR 356 /20)

Wird an einer Mietwohnung nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und die Wohnung anschließend veräußert, besteht eine erhöhte Gefahr, dass dem Mieter von dem neuen Eigentümer, der zugleich neuer Vermieter wird, wegen Eigenbedarfs gekündigt wird. Vor solchen Kündigungen soll der Mieter geschützt werden. Aus diesem Grund versagt § 577a Abs.1 BGB dem neuen Vermieter für die Dauer von mindestens drei Jahren seit dem Erwerb das Recht, das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zu kündigen, wenn an der erworbenen Wohnung nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter, aber vor der Veräußerung der Wohnung an den jetzigen Vermieter Wohnungseigentum begründet worden ist.

Dass diese Kündigungssperrfrist den Hauptmieter schützt, steht und stand stets außer Frage. Der BGH hatte sich aber nun mit einem Fall zu befassen, in dem es darauf ankam, ob auch ein Untermieter in den Schutzbereich des § 577a BGB einbezogen wird.

Der Fall

In dem der Entscheidung des BGH vom 22.06.2022 zu Grunde liegenden Fall hatten eine Frau und ein Mann im Jahr 1985 eine Wohnung angemietet. Die Schwester der Frau zog als Untermieterin mit in die Wohnung ein. Im Jahr 1997 wurde an der Wohnung Wohnungseigentum begründet. 2014 traf die Vermieterin mit den beiden Hauptmietern, also der Frau und dem Mann, sowie mit der Schwester der Frau eine vertragliche Vereinbarung, wonach der Mann aus dem Mietverhältnis ausschied und die Schwester der Frau – die bisherige Untermieterin – als Hauptmieterin neben ihrer Schwester in den Mietvertrag eintrat. Im Jahr 2015 verstarb die Frau, die bereits seit 1985 Hauptmieterin war, und ihre Schwester, die im Jahr zuvor von der Untermieterin zur Hauptmieterin geworden war, blieb Hauptmieterin. Kurz darauf wurde die Wohnung veräußert. Im Jahr 2018 wurde der neuen Hauptmieterin von der neuen Eigentümerin und Vermieterin wegen Eigenbedarfs gekündigt. Die verbliebene Mieterin hielt die Kündigung für unwirksam und berief sich auf die zu ihren Gunsten eingreifende Kündigungssperrfrist des § 577a BGB. Die von der Vermieterin erhobene Räumungsklage hatte vor dem Amtsgericht in 1. Instanz Erfolg, wurde jedoch vom Landgericht in 2. Instanz abgewiesen.

Die Entscheidung

Der BGH konnte über die von der Vermieterin eingelegte Revision nicht abschließend in der Sache entscheiden und verwies den Rechtsstreit daher an das Landgericht zurück.

Nichtsdestotrotz enthält das Urteil wichtige Aussagen zur Anwendbarkeit des § 577a BGB auf einen Untermieter. Die Karlsruher Richter stellten nämlich klar, dass eine „Überlassung der Wohnung an den Mieter“, wie sie in § 577a Abs.1 BGB gefordert wird, nur dann vorliegt, wenn die Einräumung des Besitzes aufgrund eines Hauptmietvertrags mit dem Bewohner erfolgt. An einem solchen fehle es bei einem Untermieter, denn ein Untermieter stehe grundsätzlich in keiner vertraglichen Beziehung zum Hauptvermieter.

Dass die bisherige Untermieterin später zur Hauptmieterin geworden war, reichte dem BGH nicht aus, da dieser Eintritt in den Vertrag erst nach der Begründung des Wohnungseigentums erfolgt war.

Der BGH bestätigte allerdings die Ansicht des Landgerichts, die bisherige Untermieterin und jetzige Hauptmieterin könne sich auf den in der Person ihrer Schwester entstandenen Kündigungsschutz aus § 577a BGB berufen, wenn sie aufgrund der Fortsetzung des Mietverhältnisses gem. § 563a Abs.1 BGB i. V. m. § 563 Abs.2 S.2 BGB nach dem Tod ihrer Schwester insoweit in deren Rechtsstellung eingetreten wäre. § 563a Abs.1 BGB i. V. m. § 563 Abs.2 S.2 BGB bestimmt nämlich, dass insbesondere in denjenigen Fällen, in denen Angehörige gemeinsam Mieter sind und einen gemeinsamen Haushalt führen, das Mietverhältnis beim Tod eines Mieters mit dem überlebenden Mieter fortgesetzt wird, sofern nicht ein ebenfalls im Haushalt lebender Ehegatte oder im Haushalt lebende Kinder des verstorbenen Mieters eingetreten sind.

Darüber, ob ein solcher Eintritt in das Mietverhältnis erfolgt war, konnte der BGH jedoch nicht entscheiden, da das Landgericht keine Feststellung darüber getroffen hatte, ob die beiden Schwestern bis zum Tod der einen Schwester – wie § 563a Abs.1 BGB i. V. m. § 563 Abs.2 S.2 BGB es verlangt – in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hatten. Dementsprechend erfolgte eine Rückverweisung an das Landgericht zwecks Feststellung dieses Umstandes.

Fazit

Auch wenn der BGH nicht in der Sache entscheiden konnte, besteht jetzt Klarheit, dass ein Untermieter grds. nicht den Schutz des § 577a BGB genießt und die Kündigungssperrfrist in der Regel nur dann eingreift, wenn die Wohnung dem Mieter auf Grund eines Hauptmietverhältnisses mit dem Hauptvermieter überlassen worden ist. Nichtsdestotrotz sollte niemals ungeprüft bleiben, ob ein zunächst in der Person des Hauptmieters entstandener Schutz des § 577a BGB später durch dessen Tod auf einen bisherigen Untermieter und späteren Hauptmieter übergegangen sein kann.

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