Go to Top

Mieterhöhung – Inflation rechtfertigt keinen Stichtagszuschlag (LG München, Hinweisbeschluss vom 17.07.2024 – 14 S 3692/24)

Das Gesetz gibt dem Vermieter mit §§ 558 ff. BGB die Möglichkeit, die Miete in bestimmten Abständen bis zur Grenze der ortsüblichen Vergleichsmiete zu erhöhen bzw. die Zustimmung des Mieters zu dieser Mieterhöhung zu verlangen. Dabei wird die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete in der ganz überwiegenden Zahl aller Fälle an Hand eines sog. Mietspiegels ermittelt. Da die Mietspiegel in der Regel nur alle 2 Jahre neu erstellt bzw. aktualisiert werden, kann es – insbesondere dann, wenn seit der letzten Aktualisierung und dem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters ein längerer Zeitraum liegt – vorkommen, dass die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete über derjenigen liegt, die im Mietspiegel ausgewiesen ist. In solchen Fällen kann dem Vermieter deshalb ein sog. Stichtagszuschlag gewährt werden, wenn zwischen dem Erhebungsstichtag eines Mietspiegels und dem Zugang des Zustimmungsverlangens des Vermieters zur Mieterhöhung nachträglich eine ungewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete festzustellen ist. Diesen Zuschlag kann der Vermieter allerdings nicht selbst vornehmen. Hierzu ist vielmehr nur ein Richter in einem anhängigen Rechtsstreit befugt, in dem über die zulässige Höhe der Mieterhöhung gestritten wird. Außerdem ist der Richter nicht gezwungen, den Zuschlag vorzunehmen. Ihm kommt vielmehr ein Beurteilungsspielraum zu und er ist zur Erhebung des Stichtagszuschlags befugt, wenn ihm dies zur Bildung einer sachgerechten Einzelvergleichsmiete angemessen erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2017 – VIII ZR 295/15).

Der Fall – Vermieter forderte Stichtagszuschlag wegen Inflation

Die Erhebung eines entsprechenden Stichtagszuschlags verlangte die Vermieterin auch in dem Fall, in dem das LG München seinen Hinweisbeschluss vom 17.07.2024 erließ. Die Vermieterin begründete dies mit dem seit der letzten, dem aktuellen Mietenspiegel zu Grunde liegenden Datenerhebung eingetretenen Anstieg des Verbraucherpreisindexes, also mit der Inflation. Das in 1. Instanz zuständige Amtsgericht München verweigerte die Vornahme des Stichtagszuschlages.

Die Entscheidung – Inflation rechtfertigt keinen Stichtagszuschlag

Auch das im Berufungsverfahren zuständige Landgericht München hielt das Verlangen der Vermieterin zur Vornahme des Stichtagszuschlages nicht für berechtigt. Zur Begründung seines demzufolge erlassenen Hinweisbeschlusses führte das Gericht aus, aus dem Anstieg des Verbrauchpreisindexes allein folge nicht zwangsläufig, dass auch die ortsübliche Vergleichsmiete übermäßig angestiegen sei. Diese Schlussfolgerung sei – so das LG München – deshalb nicht möglich, weil Grundlage für die Ermittlung des Verbraucherpreisindex bzw. der Inflationsrate ein sog. Warenkorb sei, der rund 700 Güterarten umfasse und sämtliche von privaten Haushalten in Deutschland gekauften Waren und Dienstleistungen repräsentiere.

Das LG München hielt außerdem die Begründung des Amtsgerichts für zutreffend, das seine Klageabweisung damit begründet hatte, es liege gar keine ungewöhnliche Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete seit der letzten Datenerhebung vor. Ein außergewöhnlicher Mietanstieg sei – so das LG München – nicht anzunehmen, wenn die Mieten um nur wenig mehr als 3% gestiegen seien.

Zuletzt betonte das Gericht in seinem Hinweisbeschluss, der die Vermieterin zur Rücknahme der Berufung veranlasste, den Zweck eines Mietspiegels, der insbesondere darin bestehe, Rechtssicherheit zu schaffen und befriedend zu wirken. Das Erreichen dieses Zwecks sei in Gefahr, wenn die Erhebung eines Stichtagszuschlages zur gängigen Praxis werde.

Fazit

Das LG München stellt klar, dass die Erhebung eines Zuschlages auf die im Mietspiegel ausgewiesene ortsübliche Vergleichsmiete nicht mit der allgemeinen Inflation begründet werden kann. Obwohl die Entscheidung des LG München durchaus als richtungsweisend angesehen wird, sollten Mieter und Vermieter aber beachten, dass es sich bei dem Hinweisbeschluss des LG München nicht um ein – in der Regel bundesweit zu beachtendes – höchstrichterliches Urteil des BGH handelt. Die Bedeutung des Beschlusses beschränkt sich zunächst auf den Landgerichtsbezirk des LG München. Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Gerichte außerhalb dieses Bezirkes dem LG München anschließen werden.

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert