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Mietpreisbremse gilt nicht automatisch für mitvermieteten Keller (BGH, Urteil vom 05.07.2023 – VIII ZR 94/21)

Durch die im Juni 2015 eingeführte Mietpreisbremse ist für die Vereinbarung von Mieten in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt eine Obergrenze gesetzt worden. Die Mietpreisbremse ist allerdings nur auf Wohnraummietverhältnisse anwendbar. Nicht unter die Regelungen der §§ 556d – 556g BGB fallen andere Mietverhältnisse, die z.B. Grundstücke, Geschäftsräume oder andere Räume, die keine Geschäftsräume, aber auch keine Wohnräume sind, zum Gegenstand haben. Diese in der Theorie so einfach scheinende, aber notwendige Abgrenzung und Einordnung kann in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten bereiten. Unklarheiten und Streitigkeiten können nicht nur dann entstehen, wenn die vermieteten Räume z.B. gemischt, also z.B. zu Wohnzwecken und zu geschäftlichen Zwecken genutzt werden. Auch dann, wenn an den Mieter sowohl Wohnräume als auch andere Räume vermietet werden, kann es deshalb zu Problemen kommen, weil nicht selten Streit darüber entstehen kann, ob die Mietpreisbremse auch der Miete eine Obergrenze setzt, die der Mieter für die „anderen Räume“ zu zahlen hat.

Der Fall – Wohnung mit Keller wurde vermietet

Über genau solch einen Fall hatte der BGH zu entscheiden, der seinem Urteil vom 05.07.2023 zu Grunde liegt. In diesem Fall schlossen die Parteien am 26.10.2015 einen Mietvertrag über eine Wohnung, die sich in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt befand und vereinbarten hierfür eine konkrete Nettokaltmiete. Am selben Tag schlossen die Parteien außerdem eine „Kellernutzungsvereinbarung“, nach der die Mieter zur Nutzung eines im Mietobjekt gelegenen Kellerverschlages gegen eine bestimmte „monatliche Nutzungspauschale“ berechtigt waren. Für die Wohnung wurden Indexmieterhöhungen und für den Keller Staffelerhöhungen vereinbart. Nach Ansicht der Mieter verstieß die für die Wohnung und den Kellerverschlag zu zahlende Gesamtmiete gegen die Mietpreisbremse mit der Folge, dass sie die ihrer Ansicht nach nicht geschuldete überhöhte Miete zurückverlangten. 

Die Entscheidung – BGH ging von zwei selbständigen Mietverträgen aus

Zu Unrecht, entschied der BGH mit seinem Urteil vom 05.07.2023. Die Richter verneinten das Bestehen eines Rückzahlungsanspruches mit der Begründung, den Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe unterliege im Streitfall lediglich die von den Parteien für die Wohnung vereinbarte Miete, nicht jedoch auch die für die Nutzung des Kellers vereinbarte Nutzungspauschale.

Das Bestehen oder Nichtbestehen des geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs hing entscheidend davon ab, ob die für die Nutzung des Kellerverschlages vereinbarte Nutzungspauschale in die Miete einzubeziehen war, die einer Prüfung auf einen Verstoß gegen die Mietpreisbremse zu unterziehen war. Auf die Gesamtmiete unter Einbeziehung der Nutzungspauschale wäre nur dann abzustellen gewesen, wenn es sich bei den Vereinbarungen über die Vermietung der Wohnung und der Vereinbarung über die Nutzung des Kellerverschlages um einen einheitlichen Mietvertrag gehandelt hätte, nicht aber, wenn zwei rechtlich selbständige Verträge vorgelegen hätten.

Der BGH ging von zwei rechtlich selbständigen Verträgen aus mit der Folge, dass die allein zu berücksichtigende Miete für die Wohnräume die zulässige Obergrenze nicht überstieg.

Zur Begründung verwiesen die Richter auf eine frühere Rechtsprechung, wonach bei einem schriftlichen Wohnungsmietvertrag und einem separat abgeschlossenen Mietvertrag über eine Garage oder einen Stellplatz eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbständigkeit der beiden Vereinbarungen spreche. Es bedürfe dann der Widerlegung der Vermutung durch besondere Umstände, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Mietverhältnisse über die Wohnung und die Garage bzw. den Stellplatz nach dem Willen der Beteiligten eine rechtliche Einheit bilden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 12. 10. 2011 − VIII ZR 251/10).

Für einen Keller gelte – so der BGH – im Grundsatz nichts anderes. Der BGH ließ zwar nicht unberücksichtigt, dass nach seiner eigenen Rechtsprechung vom 12.10.2011 in solchen Fällen, in denen sich die Wohnung und der mitvermietete andere Raum (im damaligen Fall die Garage) in demselben Gebäude befinden, in der Regel anzunehmen sei, dass die diesbezüglich abgeschlossenen Mietverhältnisse nach dem Willen der Parteien eine rechtliche Einheit bilden sollen. Dies genüge aber im konkreten Fall zur Widerlegung der für eine rechtliche Selbständigkeit der Vereinbarungen sprechenden Vermutung nicht. Die Eigenständigkeit beider Verträge ergebe sich im konkreten Fall nämlich aus deren eindeutigem Wortlaut sowie aus den erheblichen Abweichungen hinsichtlich wesentlicher Vertragsbestandteile wie Vertragslaufzeit, Kündigungsmöglichkeiten und vor allem der Gestaltung und Entwicklung des vereinbarten Mietentgelts.

Die Karlsruher Richter verwiesen diesbezüglich auf eine in der Kellernutzungsvereinbarung ausdrücklich getroffene Bestimmung, die zum Inhalt hatte, dass die Vereinbarung „unabhängig von gegebenenfalls nebenher bestehenden Miet- oder Nutzungsverträgen für Wohn-/Gewerberäume oder Stellplätze“ bestehen soll. Ein weiterer Grund für die Annahme der rechtlichen Selbständigkeit beider Verträge war für das Gericht der Umstand, dass die Kellernutzungsvereinbarung einen Ausschluss der ordentlichen Kündigung für die Dauer von zehn Jahren, der Wohnungsmietvertrag hingegen einen solchen lediglich für die Dauer von zwei Jahren enthielt. Ins Gewicht fielen außerdem die unterschiedlichen Mietzinsvereinbarungen, die hinsichtlich des Nutzungsentgeltes für den Keller eine – automatische – jährliche Erhöhung um einen feststehenden Prozentsatz vorsah, während der Wohnungsmietvertrag eine Erhöhung oder Verminderung der Miete in Abhängigkeit von der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes und von einer entsprechenden Erklärung des Begünstigten vorsah.

Fazit

Die Entscheidung zeigt ganz deutlich, wie sehr es bei der Vermietung von Wohn – und Kellerräumen oder Wohnräumen und Garagen bzw. Stellplätzen auf jedes einzelne sprachliche und gestalterische Detail ankommt, wenn es darum geht, inwiefern die Mietpreisbremse zur Anwendung kommt und welche Miethöhe bei der Prüfung eines Verstoßes zu berücksichtigen ist. Doch nicht nur die Beantwortung der Frage, ob ein Verstoß gegen die Mietpreisbremse vorliegt, kann von solchen Details abhängen. Auch für die Beantwortung der Frage, ob beide Vereinbarungen unabhängig voneinander gekündigt werden können oder ob der Vermieter zur Kündigung des Kellernutzungsvertrages bzw. des Vertrages über die Nutzung einer Garage einen Kündigungsgrund benötigt, ist die Einordnung entscheidend. Nicht zuletzt hängt auch die Länge der Kündigungsfristen hiervon ab. Um Streit vorzubeugen, empfiehlt es sich daher, ausdrücklich und unmissverständlich zu regeln, ob beide Verträge eine Einheit bilden oder rechtlich selbständig sein sollen.

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