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Mietpreisbremse gilt nicht bei Mieterhöhung im laufenden Mietvertrag (BGH, Urteil vom 28.09.2022 – VIII ZR 300/21)

Die im Jahr 2015 eingeführte Mietpreisbremse, durch die die zulässige Höhe der Miete in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten beschränkt wird, hat zwar die finanzielle Situation der Mieter verbessert. Durch die Regelungen in den §§ 556d ff. BGB sind jedoch viele neue Rechtsfragen entstanden, die zu Streit zwischen Vermietern und Mietern führen können und schließlich auch die Gerichte beschäftigen. Neben Fragen zur zulässigen Höhe der Miete und zu den Ausnahmen, entsteht nicht selten auch Streit über den zeitlichen Anwendungsbereich der Mietpreisbremse.

Der Fall – Mieter reklamierte Verstoß gegen die Mietpreisbremse nach einer Mieterhöhungsvereinbarung

Ein entsprechender Streit über die Anwendbarkeit der Mietpreisbremse war auch in dem Fall entstanden, mit dem sich der BGH mit Urteil vom 28.09.2022 zu befassen hatte. In diesem Fall hatten die Vermieterin und die Mieter im Jahr 2016 einen Mietvertrag über eine 77,66 qm große Wohnung geschlossen, die im Geltungsbereich der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung lag. Die zu Beginn des Mietverhältnisses vertraglich vereinbarte Nettokaltmiete betrug zunächst 610,65 EUR (7,86 EUR/m²). Im Juli 2017 verlangte die Vermieterin von den Mietern die Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete um 63,43 EUR auf 674,08 EUR (8,68 EUR/m²). Diesem Mieterhöhungsverlangen stimmten die Mieter im September 2017 zu. Nachdem die Mieter ihre Ansprüche im Zusammenhang mit der „Mietpreisbremse“ im Dezember 2018 an ein Inkassounternehmen abgetreten hatten, rügte dieses am 02.01.2019 einen Verstoß gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) und verlangte zuletzt die Rückzahlung zu viel gezahlter Miete in Höhe von 117,96 EUR Miete für den Monat Januar 2019. Dabei hatte das Inkassounternehmen als ortsübliche Vergleichsmiete bezogen auf den Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses eine zulässige Höchstmiete von 6,17 EUR/m² angesetzt, was einer monatlichen Nettokaltmiete in Höhe von 527,08 EUR entsprach. Die von dem Inkassounternehmen erhobene Zahlungsklage hatte sowohl beim AG Berlin-Wedding als auch beim LG Berlin keinen Erfolg.

Die Entscheidung – Mietpreisbremse gilt nur für Vereinbarung über Miethöhe zu Beginn des Mietverhältnisses

Auch mit der beim BGH eingelegten Revision scheiterte das Inkassounternehmen. Der BGH widersprach der von dem Inkassounternehmen vertretenen Ansicht, mit der Vereinbarung über die Miete für Januar 2019 sei gegen die Mietpreisbremse verstoßen worden. Die BGH – Richter bestätigten zunächst die Annahme des Landgerichts, durch die Zustimmung der Mieter zu dem Mieterhöhungsbegehren der Vermieterin sei eine wirksame Vereinbarung über die Erhöhung der Nettokaltmiete auf 674,08 EUR zustande gekommen, die den Rechtsgrund für die daraufhin jeweils erbrachten erhöhten Mietzahlungen darstelle. Auch habe das LG Berlin zurecht angenommen, dass Gegenstand der Vereinbarung nicht nur der Erhöhungsbetrag, sondern auch der neue Gesamtbetrag sei, auf den die Miete erhöht wurde. Die während des laufenden Mietverhältnisses getroffene Vereinbarung über die Höhe der künftigen Miete, die sich demnach nicht nur auf den Erhöhungsbetrag, sondern auf die erhöhte Gesamtmiete beziehe, unterfalle daher nicht den Vorschriften über die Mietpreisbremse, da diese nur auf eine bei Mietbeginn getroffene Vereinbarung, nicht aber auf eine während des laufenden Mietverhältnisses getroffene nachträgliche, einvernehmliche Vereinbarung über die Höhe der Miete Anwendung fänden.

Auch die Möglichkeit einer analogen Anwendung der Mietpreisbremse auf die nachträgliche Mieterhöhungsvereinbarung schloss der BGH aus. Unabhängig davon, dass der Wortlaut des § 556d Abs.1 BGB und auch der Sinn und Zweck der §§ 556d ff. BGB dies nicht zulasse, bestehe hierfür insbesondere kein Bedarf, da ein Mieter in einem bestehenden Mietverhältnis – anders als bei dem Neuabschluss eines Mietverhältnisses – die begehrte Mieterhöhung sorgfältig prüfen und eine Zustimmung hierzu ohne die Gefahr des Verlustes seiner Mietwohnung ablehnen könne. Ein Mieter sei hierbei außerdem vor der Höhe nach unzumutbaren Mieterhöhungsverlangen durch die Grenzen des § 558 Abs.1 BGB (Erhöhung nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete) und des § 558 Abs.3 BGB (Kappungsgrenze) geschützt.

Schließlich wurde auch eine Unwirksamkeit der Mieterhöhung wegen eines Verstoßes gegen § 242 BGB im Hinblick auf eine (vermeintliche) rechtsmissbräuchliche Umgehung der Vorschriften über die Mietpreisbremse seitens der Vermieterin vom BGH verneint. Allein die Tatsache, dass die Vermieterin eine Mieterhöhung verlangt habe, die oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liege, lasse – so der BGH – nicht auf einen Rechtsmissbrauch schließen. Zu beachten sei dabei insbesondere, dass durch ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters allein noch keine Mieterhöhung zustande komme. Vielmehr bedürfe es hierfür der Zustimmung des Mieters. Eine Pflicht zur Zustimmung bestehe nur in den Grenzen von § 558 Abs.1 BGB und § 558 Abs.3 BGB. Außerdem lägen im konkreten Fall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Vermieterin die einvernehmliche Mieterhöhung gezielt mit dem Zweck angestrebt habe, die Mietpreisbremse zu umgehen und die Mieter ihrer Rechte aus den §§ 556d ff. BGB zu berauben.

Fazit

Spätestens durch das Urteil des BGH vom 28.09.2022 sollte für alle Mieter klar sein, dass sie durch die Mietpreisbremse nicht während des gesamten Mietverhältnisses vor Mieten geschützt sind, die oberhalb der gem. § 556d Abs.1 BGB zulässigen Grenze liegen. Der Schutz davor, eine Miete zahlen zu müssen, die oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, wird – ebenso wie der Schutz vor einer zu häufigen Mieterhöhung oder eines in innerhalb von drei Jahren zu starken Anstiegs der Miete – vielmehr durch § 558 Abs.1, Abs.3 BGB gewährt. Verlangt ein Vermieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung, die die durch § 558 BGB gesetzten Grenzen überschreitet, muss der Mieter nicht zustimmen und riskiert auch nicht den Verlust seiner Wohnung im Falle einer Verweigerung. Erteilt er in den Fällen eines überhöhten Verlangens allerdings dennoch seine Zustimmung, kommt hierdurch – auch wenn der Vermieter auf die Zustimmung keinen Anspruch hat – eine wirksame Mieterhöhungsvereinbarung zu Stande mit der Folge, dass insbesondere auch eine Miete, die oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, gezahlt werden muss.

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