Um nach der Beendigung eines Mietverhältnisses möglichst schnell Rechtsklarheit und Rechtsfrieden zu schaffen, hat der Gesetzgeber die Dauer der Verjährungsfrist von Ansprüchen des Vermieters gegen den Mieter wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache gegenüber der allgemeinen dreijährigen Verjährungsfrist stark verkürzt. Gem. § 548 Abs.1 S.1 BGB verjähren Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache in sechs Monaten. Der Gesetzgeber hat auch für den Beginn dieser sechsmonatigen Verjährungsfrist einen von den allgemeinen Regeln abweichenden Zeitpunkt festgelegt. Gem. § 548 Abs.1 S.2 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. In Anbetracht dieser kurzen Verjährungsfrist verwundert es nicht, dass viele Vermieter ihre Ansprüche erst zu spät durchsetzen bzw. nicht rechtzeitig in einer verjährungshemmenden Weise geltend machen oder zumindest Streit über die Rechtzeitigkeit entsteht. In diesen Fällen kommt es dann entscheidend darauf an, wann die Verjährungsfrist zu laufen begonnen, wann also der Vermieter die Mietsache i. S. d. § 548 Abs.1 S.2 BGB zurückerhalten hat.
Der Fall – Parteien stritten über Verjährungsbeginn nach Schlüsseleinwurf
Streit über den Beginn der Verjährungsfrist war auch in dem Fall entstanden, über den das OLG Hamm mit Urteil vom 01.09.2023 – 30 U 195/22 – zu entscheiden hatte. In diesem Fall hatte eine Mieterin von Gewerberäumen das Mietverhältnis mit Schreiben vom 10.03.2020 zum 17.06.2020 gekündigt, obwohl eine Kündigung erst mit Wirkung zum 04.06.2021 zulässig war. Mit Schreiben vom 18.03.2020 wies der Vermieter den Mieter darauf hin, dass das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung erst zum 30.04.2021 ende. Die Mieterin nutzte die Wohnung dennoch nur bis zum 31.12.2020 und warf sämtliche Schlüssel am selben Tag in den Hausbriefkasten des Vermieters, was dieser mit Schreiben vom 07.01.2021 zurückwies. Dennoch behielt der Vermieter die Schlüssel. Mit Schreiben vom 09.06.2021 forderte der Vermieter die Mieterin unter Androhung der Selbstvornahme auf, im Einzelnen benannte Mängel und Schäden bis spätestens zum 19.06.2021 zu beseitigen. Nach ergebnislosem Fristablauf verlangte er mit Schreiben vom 25.06.2021 Schadensersatz. Da die Mieterin der Zahlungsaufforderung nicht nachkam, rechnete der Vermieter mit seinem Schadensersatzanspruch gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch der Mieterin auf und stellte – da das Kautionsguthaben nicht ausreichte – wegen der verbleibenden Summe am 26.08.2021 zunächst einen Mahnantrag und erhob später eine Schadensersatzklage.
OLG schafft Klarheit – Die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB beginnt mit Kenntnis des Vermieters von dem Schlüsseleinwurf auch dann zu laufen, wenn das Mietverhältnis noch nicht beendet und der Vermieter nicht rücknahmebereit ist.
Die Mieterin berief sich im Prozess auf die Einrede der Verjährung und bekam in 1. Instanz vor dem Landgericht recht. Das OLG Hamm bestätigte die Entscheidung des Landgerichts, das den Schadensersatzanspruch als bereits im Zeitpunkt des Eingangs des Mahnantrages am 26.08.2021 verjährt angesehen hat, mit der Folge, dass der Mahnantrag die Verjährung nicht mehr hemmen konnte.
Zur Begründung der Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils führt das OLG Hamm aus, das Landgericht sei nicht zu beanstandend davon ausgegangen, dass die Verjährungsfrist spätestens am 08.01.2021 in Lauf gesetzt worden sei. Die Verjährungsfrist beginne gemäß § 548 Abs. 1 S. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhält. Rückerhalt im Sinne des § 548 Abs. 1 S. 2 BGB sei nicht identisch mit Rückgabe im Sinne von § 546 BGB. Rückerhalt setze grundsätzlich die unmittelbare Sachherrschaft (vgl. § 854 BGB) des Vermieters und eine Besitzveränderung zu seinen Gunsten voraus. Entscheidend sei, dass der Vermieter die Mietsache auf Veränderungen und Verschlechterungen ungestört untersuchen könne und der Mieter mit Kenntnis des Vermieters den Besitz vollständig und unzweifelhaft aufgebe. Das gelte auch, wenn das Mietverhältnis erst nach Rückerhalt ende. Die Beendigung des Mietverhältnisses sei – so das OLG Hamm – nicht Voraussetzung des Verjährungsbeginns.
Darin, dass die Mieterin die Schlüssel am 31.12.2020 in den Hausbriefkasten des Vermieters eingeworfen und das Mietobjekt auch verlassen habe, sei eine vollständige Besitzaufgabe zu sehen. Auch habe die Mieterin danach keinen Zugang zu den Mieträumen mehr gehabt.
Der Vermieter habe von der Besitzaufgabe auch Kenntnis erlangt, als er die Schlüssel am 07.01.2021 in seinem Hausbriefkasten vorgefunden habe. Auch sei ihm bekannt gewesen, dass die Mieterin das Mietobjekt zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen hatte, so dass für den Vermieter die vollständige Besitzaufgabe auch nicht zweifelhaft gewesen sei.
Dem Rückerhalt im Sinne des § 548 Abs. 1 S. 2 BGB stehe – so das OLG Hamm – auch nicht entgegen, dass der Vermieter zu einer Rücknahme der Mietsache nicht bereit gewesen sei.
In Rechtsprechung und Literatur würden zwar unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, unter welchen Voraussetzungen der Lauf der Verjährungsfrist nach § 548 Abs. 1 BGB beginne, wenn der Mieter dem Vermieter anbiete, die Mietsache zurückzuerhalten, dieser sie jedoch nicht zurücknehme. Auch der BGH habe die Beantwortung dieser Frage bislang offengelassen. Einer Entscheidung hierüber bedürfe es jedoch nicht. Denn nach sämtlichen Ansichten beginne die Verjährungsfrist jedenfalls mit Rückerhalt des Mietobjektes durch den Vermieter und der Aufgabe des Besitzes an diesem durch den Mieter, was zweifelsfrei geschehen sei.
Das Gericht stellt außerdem klar, der Vermieter könne sich auch nicht mit Erfolg auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.10.2011- VIII ZR 8/11- berufen. Zwar habe der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung ausgeführt, dass ein Vermieter ein Mietobjekt nicht auf Zuruf zurückzunehmen verpflichtet sei und den Besitz an selbigem auch nicht dadurch erhalte, dass die Schlüssel in den Briefkasten des Mietobjekts eingeworfen würden. Der maßgebliche Unterschied des vorliegenden Falls zu dem, der vom Bundesgerichtshof zu entscheiden war, liege jedoch darin, dass der Vermieter in diesem Fall tatsächlich den Besitz an dem Mietobjekt zurückerhalten und auch behalten habe, da die Schlüssel in seinen Briefkasten und nicht lediglich in den des Mietobjekts eingeworfen worden seien. Ob der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn er umgehend die Schlüssel wieder der Mieterin hätte zukommen lassen, bedürfe keiner Entscheidung, da dies nicht geschehen sei.
Das Gericht kommt daher zu dem folgerichtigen Schluss, dass die sechsmonatige Verjährungsfrist am 08.01.2021 zu laufen begann mit der Folge, dass der Schadensersatzanspruch des Vermieters im Zeitpunkt des Eingangs des Mahnantrages, der am 26.08.2021 erfolgte, bereits verjährt war.
Fazit
Das OLG Hamm stellt klar, welche Voraussetzungen für den Rückerhalt einer Mietsache i. S. d. § 548 Abs.1 S.2 BGB als Auslöser für den Verjährungsbeginn vorliegen müssen. Auch wenn das Urteil ein Gewerberaummietverhältnis betraf, lassen sich die Grundsätze auch auf das Wohnraummietrecht übertragen. Vermieter und Mieter sollten dabei aber nicht aus den Augen verlieren, dass der Beginn der Verjährungsfrist in der Praxis in vielen Fällen nur dann entscheidend ist, wenn der Anspruch des Vermieters den Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Kaution übersteigt, so dass insoweit eine Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters nicht möglich ist. Reicht das Kautionsguthaben aus, steht der Eintritt der Verjährung einer Realisierung des Anspruchs durch Aufrechnung gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters nämlich nicht entgegen, wenn die Voraussetzungen des § 215 BGB vorliegen, wenn der Anspruch also noch nicht verjährt war als erstmals aufgerechnet werden konnte. Wie der BGH jüngst mit Urteil vom 10.07.2024 – VIII ZR 184/23- entschieden hat, kann der Vermieter mit einer verjährten Schadensersatzforderung grds. selbst dann aufrechnen, wenn die Forderung erst nach dem Eintritt der Verjährung von einem Anspruch auf Wiederherstellung (vgl. § 249 Abs.1 BGB) in eine Geldforderung (vgl. § 249 Abs.2 BGB) übergegangen und erst dadurch die von § 387 BGB für die Aufrechnung erforderliche Gleichartigkeit der gegenseitigen Ansprüche hergestellt worden ist. Mehr zu dieser Entscheidung erfahren Sie in unserer Urteilsbesprechung „Kaution mit Schaden nach 6 Monaten verrechnen (BGH, Urteil vom 10.07.2024 – VIII ZR 184/23)“.
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