Es kommt immer wieder vor, dass Mieter im Laufe des Mietverhältnisses Zweifel bekommen, ob die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche mit der tatsächlichen Wohnfläche übereinstimmt. Wenn sie dann durch Messungen zu dem Ergebnis kommen, dass eine (tatsächliche oder vermeintliche) Abweichung zu ihren Ungunsten vorliegt, ist die Folge häufig eine Mietminderung, deren Berechtigung vom Vermieter nicht selten bestritten wird.
Mieterin minderte Miete wegen geringerer Wohnfläche
Auch der Bundesgerichtshof hatte kürzlich über einen entsprechenden Fall zu entscheiden. In dem der Entscheidung des BGH vom 17.10.2023 – VIII ZR 61/23 – zugrunde liegenden Fall ging es konkret darum, dass die Mieterin die Miete gemindert hatte, weil nach ihren Berechnungen eine für sie negative Abweichung der tatsächlichen Wohnfläche von der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche von mehr als 10 % vorlag, so dass nach ihrer Auffassung die für eine Mietminderung erforderliche Erheblichkeitsschwelle von 10 % überschritten war. Der Vermieter bestritt die Höhe der Abweichung, die er mit weniger als 10 % bezifferte, und bestritt damit die Berechtigung der Mieterin zur Mietminderung.
Berechnung der Balkonfläche entscheidend
Der Streit entzündete sich daran, dass die Parteien die anzurechnende Balkonfläche unterschiedlich berechnet hatten. Während die Mieterin diese nach § 4 Nr. 4 der Wohnflächenverordnung mit 1/4 berücksichtigte, stützte sich die Vermieterin auf die II. Berechnungsverordnung, wonach die Fläche eines Balkons zur Hälfte zu berücksichtigen ist. Die Vermieterin hielt eine im Jahr 1960 vorgenommene Wohnflächenberechnung nach der damals geltenden II. Berechnungsverordnung weiterhin für maßgeblich und begründete dies mit der Überleitungsvorschrift des § 5 Satz 1 der Wohnflächenverordnung, wonach eine bis zum 31. Dezember 2003 nach der II. Berechnungsverordnung vorgenommene Berechnung der Wohnfläche auch nach Inkrafttreten der Wohnflächenverordnung, also ab dem 1. Januar 2004, weiter gilt.
Der BGH gab der Mieterin gleichwohl Recht und bejahte ein Minderungsrecht. Zur Begründung führte er nicht nur aus, dass es sich bei der Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag um eine Beschaffenheitsvereinbarung handelt, sondern ging vor allem auf die Frage ein, welche Berechnungsgrundlage für die Wohnfläche heranzuziehen ist.
Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend
Kernaussage der Entscheidung ist, dass für die Berechnung der Wohnfläche – sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde – stets die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Berechnungsvorschriften anzuwenden sind und nicht diejenigen, die bei einer früheren Berechnung anzuwenden waren. Da es im konkreten Fall an einer abweichenden Vereinbarung fehlte und der Mietvertrag im Jahr 2014 geschlossen wurde, sei die maßgebliche Berechnungsvorschrift – so der BGH – die seit dem 1. Januar 2004 geltende Wohnflächenverordnung, die auch bei preisfreiem Wohnraum im Zweifel zur Auslegung des Begriffs „Wohnfläche“ heranzuziehen sei. Die Mietvertragsparteien hätten konkludent die Berechnungsvorschriften im materiellen Sinne vereinbart, nicht aber die Anwendung einer Überleitungsvorschrift, die auf andere Normen verweise. Da die Parteien dem Begriff der Wohnfläche keine abweichende Bedeutung beigemessen hätten und auch keine andere Berechnungsweise ortsüblich oder nach der Art der Wohnung naheliegender sei, sei bei der Auslegung des von den Parteien verwendeten Begriffs „Wohnfläche“ allein auf die materiellen Vorschriften der Wohnflächenverordnung abzustellen und die Überleitungsvorschrift des § 5 Wohnflächenverordnung nicht anzuwenden.
Vermieter nicht schutzbedürftig
Zuletzt stellte der BGH klar, dass ein Schutzbedürfnis des Vermieters preisfreien Wohnraums, der bis zum 31.12.2003 eine Wohnflächenberechnung nach der II. Berechnungsverordnung hat vornehmen lassen und die Kosten einer Neuberechnung nach der Wohnflächenverordnung nicht aufwenden will, nicht besteht. Ein solches Schutzbedürfnis bestehe nicht, da es dem Vermieter unbenommen sei, auch in einem ab Januar 2004 abgeschlossenen Mietvertrag auf eine (ausdrückliche) Vereinbarung hinzuwirken, dass die dort vereinbarte Wohnfläche (noch) nach den Vorschriften der II. Berechnungsverordnung zu berechnen ist.
Fazit und Hinweis für Vermieter
Der BGH stellt klar, dass eine frühere Wohnflächenberechnung bei einer Neuvermietung nicht automatisch Bestand hat. Um sich vor Mietminderungen der Mieter zu schützen, sollten Vermieter daher zumindest dann, wenn eine frühere Berechnung auf der Grundlage der II. Berechnungsverordnung erfolgte, genau überlegen, ob sie dieses Berechnungsergebnis bei einer Neuvermietung übernehmen. Alternativ zur Neuberechnung kann auch die Fortgeltung der II. Berechnungsverordnung vereinbart oder von einer Wohnflächenvereinbarung ganz abgesehen werden.
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